NOTGEMEINSCHAFT DER
FLUGHAFEN-ANLIEGER HAMBURG E.V.
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Stellungnahme zum Ausbau des Flughafens Hamburg-Fuhlsbüttel Teil 2
II. Stellungnahme zu besonderen Aspekten
- Nach der gesetzlichen Vorschrift §§ 6
und 8 des Luftverkehrsgesetzes sind Planfeststellung und andere
Genehmigungen insbesondere davon abhängig, daßdie Planung den
Erfordernissen
- der Raumordnung und
- der Landesplanung
entspricht und die Erfordernisse
- des Städtebaus und
- des Schutzes vor Fluglärm
angemessen berücksichtigt sind.
Wie nachfolgend einzeln dargestellt, hat die Antragstellerin die
Einhaltung dieser Bestimmungen nicht nachgewiesen. Vielmehr muß
davon ausgegangen werden, daß diese Kernbedingungen der
Genehmigungsfähigkeit nicht erfüllt sind.
- So ist nicht nachgewiesen, daß die Erfordernisse des
Schutzes vor Fluglärm angemessen berücksichtigt
sind. Vielmehr sind die Unterlagen hierzu lückenhaft, z.T. auch
fehlerhaft.
- Es fehlt jeder präzise Nachweis, bei welcher Ausbaustufe der
prognostizierte Verkehr zu welchen Zeiten auf welchen
Einflugschneisen mit welchem Fluggerät abgewickelt werden soll.
Es fehlt sogar der Nachweis, daß der beabsichtigte Flugverkehr
überhaupt auf dem bestehenden Start- und Landebahnssystem
abgewickelt werden kann. Dies wird ohne Begründung lediglich
postuliert. Insbesondere fehlt der Nachweis, daß der
beantragte Verkehr in den Einflugschneisen abgewickelt werden kann.
- Allein im Bereich der besonders lärmbetroffenen Gebiete gibt
es nicht nur in großem Umfang schutzbedürftige Wohnbevölkerung
- darauf wird in Kapitel 16 hingewiesen - sondern auch besonders lärmempfindliche
Flächennutzungen, die generell im Immissionschutzrecht (vgl.
16. BImSchV) noch schutzbedürftiger als reine Wohngebiete
angesehen werden. Es handelt sich insbesondere um Schulen, Kindergärten
und Alten- und Pflegeheime. Diese sind im lärmmedizinischen
Gutachten nicht gesondert erfaßt und schon gar nicht
hinreichend gewürdigt.
Lediglich in Karte 23 zu Anhang 16 besteht eine unbewertete und
nicht nach dem Grad der Beeinträchtigung differenzierte
Bestandsaufnahme. Selbst diese Bestandsaufnahme ist in grobem Umfang
fehlerhaft. So fehlen allein im Bereich Langenhorn die besonders
betroffenen Einrichtungen
- Kindertagesstätte Tannenweg (staatl.)
- Kindertagesstätte Tannenweg Hl. Familie (kirchl.)
- Kindertagesstätte Willersweg Eirene (kirchl.)
- Kindertagesstätte Silberpappelstieg
- Kindertagesstätte Sandfoorth
- Kindertagesstätte Wrangelkoppel
- Kindertagesstätte Beim Schäferhof
- Alten- und Pflegeheim Daniel-Schütte-Stiftung
- Kindertagesstätte Immenbarg
- Kindertagesstätte Tangst. Landstr.
Die Notgemeinschaft weist darauf hin, daß nicht nur eine
vollständige Bestandsaufnahme, sondern auch eine lärmmedizinische
Bewertung zwingende Genehmigungsvoraussetzung ist. Dabei muß
auch die besondere Verantwortung, die die FHH gegenüber der
Gesundheit der betroffenen Kinder hat, berücksichtigt werden.
Da die ordnungsgemäße Nutzung der Schulen und
Kindertagesstätten auch den Aufenthalt im Freien (Pausen,
Spielphasen) voraussetzt, muß durch entsprechende Maßnahmen
sichergestellt werden, daß auch im Freien keine Gesundheitsgefährdung
eintritt. Ebenso muß der besonderen Schutzbedürftigkeit
alter und pflegebedürftiger Menschen Rechnung getragen werden.
Da diese Nutzungen direkt über die Bauleitplanung sowie
indirekt über diverse Fachplanungen, auf die im Flächennutzungsplan
verwiesen wird, Bestandteil der Raumordnung sind, ist ihr Schutz
auch notwendig, damit den "Erfordernissen der Raumordnung und
Landesplanung" entsprochen wird.
- Das lärmmedizinische Gutachten weist ausdrücklich auf
einen erheblichen präventivmedizinischen Handlungsbedarf für
die Zeiten 19:00 bis 22:00 Uhr und 22:00 bis 01:00 Uhr hin. Hier
wird der zumutbare Lärm z.T. um über 15 dB(A) überschritten.
Dies bedeutet, daß die "Erfordernisse des Schutzes vor
Fluglärm" nicht angemessen erfüllt sind. Damit sind
nach Ansicht der Notgemeinschaft die Tatbestände des § 6
Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 erfüllt, die die Genehmigungsbehörde
im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zwingen, die
Genehmigung zu versagen und sogar die bestehenden Genehmigungen zu
widerrufen.
Fehlerhaft ist vor diesem Hintergrund die Empfehlung, nur den
Flugverkehr aus der Zeit 5 (22:00-01:00 Uhr) in frühere Zeiten
zu verlegen. Die Umsetzung der Empfehlung könnte - sofern Flüge
in die Zeit 4 (19:00-22:00 Uhr) verlegt würden - sogar zu einem
weiteren, nicht berücksichtigten und unzumutbaren, präventivmedizinischen
Handlungsbedarf in der ohnehin unzumutbar belasteten Zeit
19:00-22:00 führen.
Zwingende Konsequenz aus dem Lärmmedizinischen Gutachten in
Verbindung mit §§ 6 und 8 Luftverkehrsgesetz sind also
Auflagen im Rahmen der Planfeststellung bzw. Betriebsgenehmigung,
die den Lärm aus dem Luftverkehr in der Zeit 19:00-01:00 Uhr um
mindestens 15 dB(A) reduzieren. Soweit dies nicht durch Streichung,
sondern durch Verlagerung von Flügen in frühere
Zeitbereiche geschieht, ist hierfür eine gesonderte lärmphysikalische
und lärmmedizinische Prüfung erforderlich.
- Insgesamt unzureichend berücksichtigt in den
Antragsunterlagen sind die besonderen Erfordernisse des Lärmschutzes
von Kindern. Im besonders betroffenen Gebiet leben über 14.000
Kinder unter 15 Jahren. Hier ist zu bedenken, daß aus präventivmedizinischen
Gründen Kinder in besonderem Maße ausreichend Gelegenheit
zum Aufenthalt im Freien haben müssen. Für die im fluglärmbelasteten
Gebiet liegenden Gärten und Spielplätze sind daher
Auflagen im Flugbetrieb vorzusehen, mit denen trotz steigender
Anzahl von Lärmereignissen die Einhaltung zumutbarer Lärmwerte
im Freien gewährleistet wird. Ebenso sind solche Maßnahmen
erforderlich, um die raumordnerisch vorgesehenen Kleingärten,
denen eine wesentliche Erholungsfunktion zukommt, zu schützen.
Dies wird naturgemäß durch passiven Lärmschutz wie Lärmschutzwälle
oder andere bei Landverkehrsmitteln bewährte Maßnahmen
nicht zu erreichen sein, hier sind aktive Maßnahmen auf der
Emissionsseite notwendig.
- Nicht ausreichend gewürdigt ist der Bedarf nach Einhaltung
der Ruhezeiten mittags und an Sonn- und Feiertagen. Insbesondere für
ältere Menschen - die laut Antragsunterlagen einen erheblichen
Anteil der betroffenen Bevölkerung stellen - ist die
Mittagsruhe auch präventivmedizinisch als Ruhe- und Schlafzeit
bedeutsam.
- Nicht berücksichtigt ist der Zusammenhang zwischen lärmbedingten
Einschränkungen der Wohnungslüftung und der Gesundheit
sowie der Energieeinsparung. Durch die beabsichtigte Zunahme der
Flugbewegungen steigt die Anzahl der Lärmereignisse. 195.000
gewerbliche Flugbewegungen pro Jahr entsprechen im Mittel über
500 Flugbewegungen pro Tag und nahezu ganztägigen Flugzeugabständen
von unter 1 Minute an Spitzentagen, be denen sich die Lärmschleppen
zu Dauerlärm überlagern. Es bleiben den Anwohnern keine Lärmpausen
mehr, um für eine ordnungsgemäße Lüftung zu
sorgen. Dies kann angesichts der geltenden Wärmedämmungsvorschriften
zu gesundheitsgefährdendem Schimmelbefall durch Überfeuchtung
führen. Dieser Rahmenbedingung kann entweder durch aktive Lärmschutzmaßnahmen
(Verringerung der Lärmemissionen und der Anzahl der Lärmereignisse)
oder durch Ausstattung der betroffenen Wohnungen (nach Flächennutzungsplan
mit über 27.000 abzuschätzen) mit Lüftungsanlagen
erfolgen. Die Lüftungsanlagen müssen angesichts der
Erfordernisse der Energieeinsparung mit Wärmerückgewinnungsanlagen
ausgestattet sein. Es ist darauf aufmerksam zu machen, daß die
zweite Lösung Kosten von etwa 0,25-0,5 Milliarden DM ausmachen
kann und dennoch die Probleme des Lärms bei Freiflächennutzung
nicht löst.
- Das Immissionschutzziel für die Lärmschutzhalle ist mit
65 dB(A) sehr laut angesetzt. Andere Industrieanlagen müssen an
der Grundstücksgrenze Werte von 50 dB(A) (tags) bzw. 35 dB(A)
(nachts) einhalten. Die Notgemeinschaft verkennt nicht, daß
das Vorhaben technisch nicht einfach zu lösen ist. Gleichwohl
ist die Planfeststellungsbehörde nach § 9 Abs. 2
Luftverkehrsgesetz verpflichtet, eine zügige Nachbesserung auf
die Werte 50/35 dB(A) aufzuerlegen. Vorsorglich weist die
Notgemeinschaft darauf hin, daß ein Verzicht auf die Lärmschutzhalle
gegen § 29 b Luftverkehrsgesetz verstieße und zum unverzüglichen
Genehmigungwiderruf nach § 6 Absatz 2 Luftverkehrsgesetz zwänge.
- Als Schritt zur Herstellung einer vorläufigen Genehmigungsfähigkeit
ist in der Konsequenz ein System zur Lärmkontigentierung
vorzuschreiben. Dieses muß berücksichtigen:
- Erfüllung des präventivmedizinischen Handlungsbedarfs
im gesamten vom Fluglärm beeinträchtigten Gebiet
- besonders abgesenkte Kontingentierung der Ruhezeiten (19:00-22:00
Uhr, 22:00-06:00 Uhr, 13:00-15:00 Uhr, Sonn- und Feiertagsruhe)
- besonders abgesenkte Kontingentierung der Zeiten der Nutzung von
Schulen und Kindergärten.
- Die Lärmkontingente sind zu begrenzen auf ein Äquivalent
zu
50 dB(A) tags im 2-Stunden-Mittel
35 dB(A) nachts im 1-Stunden-Mittel.
Die Lärmkontigente sind rechnerisch festzulegen und durch
Messungen zu überprüfen. Überschreitungen der Lärmkontingente
führen zu einem Abzug bei der nächsten Kontingentzuteilung
in doppelter Höhe.
- Absenkung des zulässigen Spitzenschalls um 15 dB(A).
- Einhaltung von festgelegten Lärmpausen zur Gebäudelüftung.
- Im Planfeststellungsantrag ist nicht
nachgewiesen, daß das Vorhaben den Erfordernissen der
Raumordnung und Landesplanung entspricht.
- Es sind den Antragsunterlagen lediglich Ausschnitte aus dem Flächennutzungsplänen
Hamburgs und Norderstedts begefügt. Der Hamburger Flächennutzungsplan
stellt zugleich das Raumordnungsprogramm des Landes Hamburg dar. Zu
Raumordnung und Landesplanung des Landes Schleswig-Holstein fehlt
dagegen jede Unterlage. Es fehlt insbesondere jeder Nachweis, daß
das Vorhaben den bereits raumordnerisch definierten umliegenden
Nutzungen entspricht. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der
Antrag und die damit einhergehende Steigerung des Flugverkehrs
angesichts der Vielzahl schutzbedürftiger Nutzungen rund um den
Flughafen, insbesondere in den Einflugschneisen, die Hamburg im
Rahmen seiner Raumordnung und Fachplanungen definiert hat, den
Erfordernissen der Raumordnung Hamburgs nicht entspricht (vgl. auch
2.1-2.8).
- Nicht hinreichend berücksichtigt ist der durch das Vorhaben
induzierte landseitige Verkehrs. Bereits das Mengengerüst ist lückenhaft.
So wird lediglich auf die um über 70 Prozent steigenden
Fluggastzahlen hingewiesen. Es fehlen jedoch tageszeitlich
gestaffelte und nach Jahren geordnete Prognosen des Gesamtverkehrs
und seiner Bestandteile. So ist der Verkehr der Beschäftigten
ebenso unberücksichtigt wie Struktur und Aufkommen des
Wirtschafts- und Gelegenheitsverkehrs. Es erscheint zweifelhaft, daß
bei dem prognostizierten Wachstum und der herausgestellten Bedeutung
des Flughafens für den Arbeitsmarkt die Hypothese einer
stagnierenden Beschäftigungszahl zulässig ist. Bereits
heute handelt es sich bei den unberücksichtigten Verkehren um über
10.000 Fahrten pro Tag (ohne Lufthansa-Technik). Bereits eine
Steigerung der Beschäftigtenzahl um nur 50% würde eine
erhebliche Verkehrszunahme bedeuten, deren Abwickelbarkeit unberücksichtigt
ist.
- Nicht ausreichend nachgewiesen ist unabhägig davon die
Abwickelbarkeit des prognostizierten landseitigen Verkehrs. Es ist
zu berücksichtigen, daß der in Bau befindliche Knoten
Sengelmannstraße die Kapazitätsgrenzen erreicht und die
Erhöhung des Anteils des öffentliche Personennahverkehrs
bereits zur Stufe 2 von heute unter 10% auf auf 26% erforderlich
ist. Dies muß nach den Planungen im Jahr 2001 erreicht sein.
Von allen diskutierten Varianten ist nur die Flughafen-S-Bahn in der
Lage, dies zeitgerecht und im Ausmaß zu erreichen. Ein
Abweichen hiervon würde zu einer Mehrbelastung der Anwohner
durch Autoverkehr und zu einer Fehlerhaftigkeit der Ergebnisse der
Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) führen. Daher ist
in der Planfeststellung für das Terminal 2 ein Vorbehalt
aufzunehmen, daß dessen Inbetriebnahme erst nach
Inbetriebnahme der Flughafen-S-Bahn gestattet ist.
- Nicht nachgewiesen sind die für die beabsichtigte Steigerung
der Fluggastzahlen notwendigen Stellplätze für Kfz und
Fahrräder. Dabei ist zu berücksichtigen, daß im
Gebiet östlich des Flughafens ein Parkdruck herrscht, der durch
das eingeführte Anwohnerparken nur dann gelindert sein kann,.
wenn den autofahrenden Flughafenkunden andere Parkplätze zur
Verfügung stehen. Fehlen benötigte Parkplätze, so ist
die Wirkung des Anwohnerparkens in Frage gestellt. Dies hätte
Auswirkungen auf die Gültigkeit der UVU-Aussagen. Daher ist
bereits im Planfeststellungsverfahren der Nachweis der benötigten
Stellplätze einzufordern und im Beschluß festzuhalten.
- Nicht ausreichend sind die Ausführungen zur Vermeidung der
Emission von chemischen Stoffen - insbesondere
von Kerosinbestandteilen - und der daraus resultierenden Gesundheitsgefährdung
und Geruchsbelästigung. So geht aus den Antragsunterlagen hervor,
daß an mehr als 5 Prozent der Jahresstunden in Niendorf, Groß
Borstel, Fuhlsbüttel und Langenhorn Geruchsbelastungen auftreten.
Dieses Ausmaß wird beispielsweise in Nordrhein-Westfalen als schädliche
Umwelteinwirkung gewertet. Damit einhergehen kann auch die Emission von
giftigen und krebserregenden Stoffen. Es sind jedoch im Antragspaket
keine Maßnahmen ersichtlich, durch die diese Umweltbeeinträchtigung
nachhaltig beseitigt wird. Nach § 9 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz sind
daher entsprechende Auflagen zu erteilen, durch die solche Emissionen in
ausreichendem Maß reduziert werden.
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