Zum Personenverzeichnis

Jacob Heerbrand
(1521 - 1600)
Lutherischer Theologe

Hier nach Giengen:Einhorn.jpg

Portrait Jacob Heerbrand

Jacob Heerbrand, Dr.theol., Professor und Kanzler der Universität Tübingen, Reformator Badens
* 12. August 1521, Giengen
+ 22. Mai 1600, Tübingen

Vater: Andreas Heerbrand, Weber in Giengen. Mutter: Barbara Martin aus Giengen. Er heiratete im Februar 1546 Margarethe Stamler, Tochter des Tübinger Bürgermeisters Conrad Stamler.

Von seinen acht Söhnen und fünf Töchtern erlebte er Enkel und Urenkel. Als Knabe besuchte er die Giengener Lateinschule und anschließend das Ulmer Gymnasium. 1538 ging er nach Wittenberg, um bei Luther und Melanchton Theologie zu studieren. Nach Abschluß des Studiums reiste er nach Giengen zurück und übernahm 1544 das erledigte Diakonat in Tübingen. In Gegenwart seines Vaters empfing er in Tübingen die Doktorwürde. Als er in der Tübinger Schloßkirche seine erste Predigt hielt, gefiel diese dem anwesenden Herzog Ulrich von Württemberg so gut, daß ihn dieser seinen Räten empfahl: „Heerbrand ist auf dem besten Wege, ein großer Theologe zu werden“. Auch die Herzöge Christoph, Ludwig und Friedrich I. schätzten den Theologen. Mit bekannten Theologen reiste er 1557 nach Trient, um die evangelische Konfession vor dem Konzil zu verteidigen. Nachdem er das Land Baden reformiert und eine Kirchenordnung verfaßt hatte, wurde er Theologieprofessor an der Universität in Tübingen und später deren Kanzler. Als theologischer Schriftsteller schrieb er eine große Anzahl wissenschaftlicher Abhandlungen. Wegen Krankheit gab er sein Kirchenamt, sein Lehramt und das des Kanzlers auf. Sanft und mit Fassung entschlief er am 22. Mai 1600 und wurde in der Stiftskirche zu Tübingen beigesetzt.

Sein Bruder Philipp (~1530-1575) studierte 1556 in Tübingen Theologie und erlangte ebenfalls die Doktorwürde. 1560 bis 1565 war er Pfarrer in Lustnau, später in Laufen am Neckar. 1566 wird er Pastor in Hagenau, wo er am 4. Februar 1575 starb.

Aus weiteren Quellen:

„Jacob Heerbrand, Dr., Professor und Kanzler zu Tübingen, ein Schüler des großen Luther, welchen er zu Wittenberg 5 ganze Jahre gehört.“ [Meck: Giengen a.d.Br., 1927, S.150]

„Herbrand, Jakob, geboren den 12. August 1521. Besuchte die Schulen in Ulm, kam 1538 nach Wittenberg, wo er Luthern und Melanchton hörte als eifriger Anhänger ihrer Lehre und sich durch seinen Fleiß auszeichnete. 1544 war er Diakonus zu Tübingen, als welchen ihn Herzog Ulrich gerne predigen hörte; er verlor jedoch, da er sich zur Annahme des Interims nicht verstehen wollte, diese Stelle wieder. Herzog Christoph setzte ihn durch Übertragung des Dekanats Herrenberg 1551 in neue Thätigkeit ein. Er erhielt nebst einigen andern württembergischen Theologen die ehrenvolle Sendung auf das Konzilium nach Trident; im Jahr 1556 wurde er zur Reformation des Markgrafentums Baden abgeschickt und verfaßte zu Pforzheim unter dem Markgrafen Carl von Baden eine Kirchenordnung. Von hier folgte er im Jahr 1557 dem Rufe zu einem theologischen Professorat in Tübingen, allwo er im Jahr 1561 zum Dekan der Stiftskirche, Superintendenten des theologischen Stiftes, im Jahr 1590 zum herzoglichen Rate, Probst des St. Georgenkirche und Kanzler der Universität befördert wurde. Er starb 79-jährig den 22. Mai 1600, nachdem er zwei Jahre früher seine Lehrstelle niedergelegt hatte, den Ruf eines sehr tätigen Glaubenseiferers hinterlassend, der zu dem damaligen glänzendsten Zustande des theologischen Studiums in Tübingen besonders beitrug. Unter seinen zahlreichen theologischen (besonders polemischen) Schriften wurde besonders geschätzt sein Compendium theologiae, das erste Mal im Jahr 1573 erschienen, später sehr häufig an den verschiedensten Orten aufgelegt, übersetzt von Mart. Crusius ins Griechische. (Vergl. über ihn Spittler, Gesch. Württ. Seite 193. Schnurrer Orat. acad. delect. ed. Paulus Seite 131).“ [Beschreibung des Oberamts Heidenheim, 1844]

„Das Geschlecht der Heerbrande war ein altes Geschlecht in Düren, einer Stadt an der Roer im Jülichschen Gebiete. [Anm.: Dies scheint aber durch neuere Forschungsergebnisse widerlegt zu sein]. Aus dieser Stadt zogen Heerbrands Eltern aus, und ließen sich zu Giengen nieder, allwo der Grosvater Jacobs, Peter Heerbrand und sein Vater Andreas, ein Weber, lebte und das Bürgerrecht erhielt. Andreas, der Vater Jacobs, war ein kenntnisreicher Mann, verstand die lateinische Sprache, Arithmetik, Vocal- und Instrumental-Musik, besonders war ihm angelegen, die neuen aufgestellten Lehrsätze und Behauptungen Luthers genau mit der h. Schrift zu vergleichen. Da er eine frommen und unbescholtenen Lebenswandel führte, so bekam er bald eine Gattin aus einer der angesehensten Familien der Stadt, Barbara Martini, im Jahr 1520. Diesen Eltern wurde Jacob den 12. August 1521 geboren. Der Knabe zeigte frühe gute Anlagen, Lernbegierde und Fleiß, besonders Eifer für die Religion, in dem Ihn die Eltern immer mehr zu stärken suchten. In seinem 7ten Jahre wurde er der öffentlichen Ortsschule übergeben, und las die Bibel zu Lion 1529 gedruckt, die ihm der Vater erkauft hatte, mit angestrengter Aufmerksamkeit, prägte auch die meisten Aussprüche derselben seinem Gedächtnisse sorgfältig ein. Bekannt mit den Elementen der Grammatik sandte ihn in seinem 15ten Jahre sein Vater nach Ulm, zu einem gelehrten und fleißigen Lehrer. Die Colloquien des berühmten Erasmus, die in dieser Schule gelesen wurden, deckten dem lernbegierigen Knaben die Irrthümer und Laster der Päbste auf, und beschäftigten seinen Geist um so mehr, als sie in einem so lebhaften und fertigen Styl verfaßt waren. er blieb anderthalb Jahre zu Ulm. Im Jahr 1538 bezog er die Universität Wittenberg, damals berühmt durch Luther und Melanchton. Hier studierte er mit so unermüdlichem Fleiße, daß ihn seine Mitschüler die schwäbische Nacht-Eule nannten. Luthers und Melanchtons Vorlesungen widmete er vorzügliche Aufmerksamkeit; nebenbei hörte er Rhetorik, Dialectik, Ciceros Reden, Ethik, Mathematik; bei Luther die Genesis, bei Bugenhagen das Deuteronomium, bei Cruciger den Johannes, schrieb alle Predigten nach und memorierte sie zum Theil. 1540 wurde er zu Wittenberg Magister. Drei Jahre lang studierte er auf Kosten seiner Eltern, die zwei letztern von dem Selbst-Erwerb durch Unterricht anderer. Im Predigen übte er sich mit vielem Beifall auf den Canzeln benachbarter Dörfer. Mit trefflichen Zeugnissen von seinen akademischen Lehrern, namentlich von Luther und Melanchton, ausgestattet, kehrte er nun nach fünfjährigem Aufenthalt zu Wittenberg nach Hause zurück. Auf die Aufforderung der Geistlichen Giengens hielt er am Pfingstfeste vor einer zahlreichen Versammlung seine erste Predigt, die allgemeinen Beifall fand. Er willigte in den Wunsch seiner Eltern, nicht mehr, wie er anfangs im Sinne hatte, nach Wittenberg zurückzukehren, und begab sich daher nach Stuttgart, wo er dem Herzog im August 1544 seine Dienste anbot. Dr. Schnepf sollte ihn examinieren, rief aber auf zwei an den Candidaten gemachte Fragen aus: „Der Herr hat dich mir zugeführt!“ Er wollte ihm sogleich das Decanat Göppingen übertragen. Heerbrand verbat sich bescheiden diese Stelle, und wünschte, als Diacon zu Tübingen angestellt zu werden, was ihm auch 1544 gewährt wurde. Als solcher hörte er noch Collegien und predigte öfters auf dem Schlosse vor dem Herzog Ulrich, der ihn sehr liebgewann. (Von der damaligen Art zu predigen, führt Spittler in seiner Geschichte Würt. unter den Grafen und Herzogen pag. 194 aus D. Heerbrands Pred. am ersten Tübinger Jubiläum ein Beispiel an.) Im Jahr 1546 im Februar heurathete er Margarethe, die Tochter Conrad Stamlers, Bürgermeisters zu Tübingen und Assessors bei dem Consistorium. In dieser glücklichen Ehe wurden ihm 8 Söhne und 5 Töchter geboren, von denen er Enkel und Urenkel erlebte. Da auch er die Annahme des Interims verweigert hatte, verlor er sein Amt, benutze aber diese müßige Zeit zu Erlernung der orientalischen Sprachen bei dem damaligen Lehrer derselben Oswald Schreckenfuchs. Als 1550 Herzog Christoph zur Regierung kam, rief ihn dieser zurück, und ernannte ihn zum Decan zu Herrenberg. Nach einigen Monaten wurde er zum D. der Theolgie zu Tübingen erwählt, und 1557 zum Concilium nach Trident als Abgeordneter geschickt. Nach seiner Zurückkunft beschäftigte er sich mit dem Studium der Kirchenväter, um sich gegen die Angriffe von päbstlicher Seite desto gewaffneter zeigen zu können. 1556 wurde er auf 1 Jahr nach Pforzheim geschickt, wo er unter dem Markgrafen Carl von Baden die Kirchenordnung verfaßte. Nach kurzer Zeit wurde er von dem Senat zu Tübingen als Professor der Theologie nach Tübingen berufen, blieb jedoch noch dieses Jahr über zu Pforzheim, lehnte aber den Antrag des Churfürsten von der Pfalz auf ein Professorat zu Heidelberg, so wie des Markgrafen Carls Verlangen, bei ihm zu Pforzheim zu bleiben, ab. So kehrte er nach Tübingen zurück und trat 1557 sein Professorat an. 1559 wurde er zum erstenmal Rector, welche Würde er achtmal bekleidete. (1563, 68, 72, 73, 81, 85, 86) Im Jahr 1564 wurde er Decan der Stiftskirche zu Tübingen, Superattendent des theologischen Stifts und Vorsteher des Martinianer Stifts. 1562 erhielt er von den Herzogen von Sachsen einen ehrenvollen Ruf nach Jena (nach Jena wurden ihm 1000 fl. Salär geboten), den er aber ablehnte. 1590 wurde er herzogl. Rath, Probst der St. Georgen Kirche und Canzler der Universität. 1597 entriß ihm der Tod seine geliebte Gattin. Das Jahr hernach legte er seine Lehrstellen nieder und erhielt eine ehrenvolle Belohnung. Endlich beschloß der Tod 1600 den 22. May auch seine Laufbahn, die eines frommen, thätigen Kämpfers für Licht und Wahrheit. Er wurde 79 Jahre alt. Heerbrand war ein gründlicher und fleißiger Theologe, der das Studium der h. Schrift vorzüglich trieb und empfahl. Sein theologisches Lehrbuch wurde zu seiner Zeit sehr geschäzt und erwarb ihm unter den Gottesgelehrten großen Ruhm. Martin Crusius übersetzte es in die griechische Sprache, und es wurde durch Stefan Gerlach, um die griechischen Patriarchen zum Christenthum zu bekehren, unter den Griechen in der Türkey ausgebreitet. Heerbrands Humanität, Dienstfertigkeit und Wohlthätigkeit machten ihn überall beliebt. Auswärtige Fürsten und Herren bedienten sich seines Rathes in Religions-Sachen. Viele Zeit widmete er dem Unterrichte seiner Kinder. Wie sein Lehrer Luther war er auch ein Freund der Natur; für seine Gärten und Pflanzungen verschrieb er Propfreiser und Sämereien aus Steyermark, Kärnthen und Krain. Der verewigte Canzler Schnurrer zu Tübingen erzählt von diesem ehrwürdigen Manne in seiner Biographie Heerbrands (D. Christian Frid. Schnurrer: Orationum academicarum delectus posthumus, Edit. Paulus, Tubingen 1828. (VII. Oratio.)) einige Anekdoten, die auch hier nacherzählt zu werden verdienen: In seinem 8ten Jahr nahm ihn sein Vater, der ein Stück Leinwand dahin zu überbringen hatte, mit sich in das Nonnenkloster zu Medlingen, einige Stunden von Giengen entlegen. Die Aebtissin des Klosters wollte dem Knaben einen Rosenkranz schenken, den dieser aber mit der Erklärung zurückwies, „er könne beten, ohne nach Kügelchen die Gebet abzuzählen.“ Der herbeigerufene Beichtvater des Klosters verwies dem Knaben seine Frechheit ziemlich derb mit den Worten: du Ketzer ! kaum bist du dem Ey entschlüpft und wagst es, das Geschenk der Frau Aebtissin zurückzuweisen ? „Es nüzt ja nichts, versetzte der Knabe, denn der Vater im Himmel hat nicht befohlen, die Gebete zu zählen.“ Nun wandte sich der Beichtvater an den Vater des Knaben, solche irrige Meinungen auszutreiben, meynte er, sollte man die Ruthe gebrauchen. Auch hierauf antwortete der Knabe, was er gesagt habe, seye kein Irrthum, und führte Aussprüche der Bibel an. Hiedurch aufgebracht, sagte der Beichtvater: „Hör, Knabe! ich will dir prophezeien, entweder wirst du ein grundböser oder grundguter und großer Mann werden!“ Während Heerbrand Decan zu Herrenberg war, besuchte der berühmte Freund Luthers, Johannes Brentius, der damals zu Ehningen war, ihn öfters. „So oft er ihn sehe, sagt Brenz, freue er sich.“ Als Heerbrand nach der Ursache fragte, antwortete Brenz: „Du wirst der Kirche als Lehrer nützlich seyn, die reine Lehre weit und breit ausbreiten und der Kirche Zier seyn.“ Als er mit dem Canzler Jacob Andreä, der ungefähr 7 Jahre jünger als Heerbrand war, im Jahr 1589 nach Baden zum Colloqium mit Pistorius geschickt wurde, so sagte der Canzler, der noch ganz gesund war, in traulichem Gespräche den 7. Nov. zu ihm: „ich werde nicht lange mehr leben; denn ich weiß, daß ich bald sterben werde; Du wirst mir die Leichenrede halten und mein Nachfolger werden.“ Diese Aeußerung Andreäs gieng in Erfüllung. Am 7. Jan. 1590, als zwei Monate nach jenem prophetischen Worte, starb der Canzler und Heerbrand wurde sein Nachfolger. Heerbrands Familienwappen enthielt einen Mann mit einer brennenden Fakel in der rechten Hand. Er verfertigte hierüber folgendes lateinisches Distichon: Fax exercituum sum lucida; fulsa gogmata supplanto voc styloque meo. Wie er zu Tübingen seinem Vorgänger Andreä die Leichenrede hielt (Oratio funebris de vita obitu D. Jac. Andreae, habita a Jac. Heerbrando. Tub. 1590.) so hielt ihm Erhard Cellius, Professor der Poesie und Geschichte zu Tübingen die Leichenrede (Oratio funebris de vita studiis, laboribus ... D. Jac. Heerbrand, .... Tub. 1602.). Seinem geliebten und verehrten Lehrer Melanchton errichtete der dankbare Schüler im Jahr 1560 durch seine in dem öffentlichen Hörsaal zu Tübingen gehaltene Lobrede, „oratio funebris in obitum incomparabilis viri Dr. Phil. Melanchtonis,“ ein Denkmal der Verehrung. Auch auf Joh. Brenzens Grab sezte er 1570 durch seine gleichvortreffliche Rede einen Roßmarin, so wie auf das Grab Herzogs Ludwigs zu Württemberg, durch eine am 19. Sept. 1593 im Collegio illustri gehaltene Leichenrede. Der Groll der aufgebrachten Päpstler scheute sich nicht, den Namen des ehrwürdigen Mannes in Höllbrand zu verkehren. So theilte er mit Luther gleiches Schicksal. [Magenau: Beschreibung der Stadt Giengen an der Brenz, 1830, S.160ff.]

Weiterer Link auf dem Server frühe Neuzeit (München).


Hier nach Giengen:Einhorn.jpg

Erstellt von Ulrich Stark , der hiermit seinen 11xUr-Großonkel vorstellt.
Erstellt am 15.02.1998, letzte Aktualisierung am 23.01.2002.