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Die Etymologie des Namens Hirschmann
 

Dieses Kapitel macht es sich zur Aufgabe die Herkunft des Namens Hirschmann naeher zu untersuchen. Dabei soll versucht werden die wahrscheinlichste Deutung des Namens herauszufinden..

1. Fehldeutungen werden ausgeraeumt.

 Wenn man an den wahren Inhalt des nicht auf eine einzelne Landschaft beschraenkten, sondern ueber ganz Deutschland verbreiteten Sippennamen herankommen will, gilt es zuerst, die vorhandenen Missverstaendnisse und Fehldeutungen zurueckzuweisen. Es sind deren in der Hauptsache sechs:

    1. Die Ableitung von einem altdeutschen Mannesnamen Hiuz ( Hirsch), von dem sich zwischen dem 8. Und 11. Jahrhundert vereinzelt Spuren finden, kann gar nicht in Frage kommen, da dieser Vorname in der sippenschaftenden Zeit weder auf unseren Boden, noch da, wo die Hirschmaenner alt und zahlreich sind, je gefunden wurde. Aus nichts kann nichts werden – diese Regel sollte man endlich auch fuer unsere Namensurspruenge gelten lassen.
    2. Noch schlimmer steht es mit dem Versuch, die Hirschmann, samt den nord-deutschen Hersemann/Herschmann auf den germanischen Mannenamen Hari (Heer) zurueckzufuehren. Mittels eines Suffixes – izo soll sich zunaechst die Form Harizo gebildet haben, die sich dann in Herz verkuerzte. Infolge der Anhaengung des kosenden -mann soll dann das "z" erweicht worden sein und die Form Hersemann ergeben haben. Diese sei denn, weil Hirsch mittelhoch-deutsch "Hersch" lautet, zu Hirschmann umgedeutet worden.
    3. Blauer Dunst ist auch die Heranziehung des germannischen Mannesnamen Horsa (Ross). Horsa habe zunaechst Hoersemann, dann in dere weiteren Entwicklung Hersemann, schliesslich Hirsemann und Hirschmann ergeben
    4. Der Hirschmann speziell soll urspruenglich der hoerige Bauer gewesen sein, der bei den Hirschjagden seines Grundherrn als Treiber verwendet wurde. Dem steht einerseits entgegen, dass es ein Apelltatium Hirschmann nie und nirgendwann gegeben hat, andererseits muessten die Urkunden Gleichungen hergeben wie Hirzmann = Hirschmann, was nun eben wiederum nie und nirgend der Fall ist
    5. Gegenstandslos ist die Zurueckfuehrung der Hirschmann auf einen Hausnamen "Zum Hirsch", weil es diesen Hausnamen da, wo die Hirschmaenn aufstehen, ueberhaupt nicht gegeben hat. Und wen jemand einen Hausnamen aus dem 13, Jahrhundert beibringen koennte, waere die Frage hat das Haus den Namen vom Besitzer oder der Besitzer vom Haus? Der letztere Fall ist naemlich z.B. in Koeln aufgetreten, wo es um 1235 einen Richolfus Hirzelin, aber erst um 1356 eine domus Hirzelin gab. Damit kommen wir schliesslich zu der Vermutung:
    6. Der Hirschmann habe urspruenglich Hirsch geheissen und dann habe man im Laufe der Zeit das kosende – mann angehaengt. Davon waere zu reden wenn die Gleichungen Hirschmann = Hirschmann und Hirzmann = Hirzmann = Hirz beigebracht wuerden in hinreichender Zahl. Aber diese Gleichungen gibt es nicht.
Falls diese Erklaerungen nicht ausreichend oder unzutreffend sind muss eine andere Er- klaerungsbasis gefunden werden.

2. Der wirkliche Kern des Namens wird entschaelt

Wenn man an den sachlichen Inhalt des Namens Hirschmann herankommen will, so muss man festhalten:

 

Dem Bestimmungswort Hirsch-, Hirse-, oder Hirs muss also ein Begriff zugrundeliegen, der nicht nur allenthalben in Deutschland Geltung hatte, sondern fuer den auch die eben be- zeichneten sprachlichen Formen gelten. Und diesen Begriff bildet die aelteste Getreideart der Menschheit: - die Hirse. Der Hirsemann, spaeter Hirschmann, ist also der Mann, der Hirsegruetze – eines der wichtigsten Nahrungsmittel waehrend des ganzen Mittelalters – herstellt und verkauft. Ihm steht der Habermann zur Seite, der in gleicger Weise Habergruetze und Habermehl herstellt und verkauft – der ertragreichere Haber verdraengt stellenweise schon frueh die Hirse aus ihrer beherrschenden Stellung, weshalb dem auch der Name Habermann viel zahlreicher ist als der Name Hirschmann. Die Zurueckfuehrung des Namens Hirschmann auf den Grundbegriff Hirse zwingt uns nunaber, zunaechst auf die kulturkundlichen und hernach auf die sprachgeschichtlichen Verhaeltnisse naeher  einzu- gehen,

  1. Die kulturgeschichtlichen Grundlagen des Namens Hirschmann
"Hirse" ist fuer den heutigen Menschen in der Regel ein ganz vager Begriff. Die meisten kennen diese Pflanze ueberhaupt nicht und noch weniger wissen die einzelnen Arten von einander zu unterscheiden. Und doch ist die Hirse nicht nur eine unserer aeltesten Kultur-pflanzen, sondern die aelteste Getreideart der Menschheit ueberhaupt. Ihre Geschichte reicht weiter zurueck, als die irgendeines Volkes oder einer Dynastie. Im Mageninhalt aegyptischer Mumien aus vordynastischer Zeit (4000 – 3500 v.Chr. ) wurde Hirse gefunden. In China reichen die Zeugnisse bis ueber 2700 Jahre zurueck. Unter den fuenf Getreidearten, die seit des Kaisers Shen –nung alljaehrlich zur Zeit des Fruehjahrs – Tagundnachtgleiche ausgesaet wurde, stehen an erster Stelle die Kolben- und Rispenhirse. Noch heute ist in ganz Nordchina die Kolbenhirse ein wichtigeres Nahrungsmittel, als Weizen und Reis. Viele Voelkerschaften kennen auch heute keine andere Getreideart, als die Hirse. In Europa war, wie zahlreiche Funde beweisen, der Hirseanbau schon in der juengeren Steinzeit weit verbreitet. Als Xenophon mit seinen 10000 durch Thrakien am Pontus entlang zog das war im Jahre 401 v. Chr. Fand er ein Volk, das sich fast nur von Hirse ernaehrte. In Deutschland war die Rispenhirse schon in vorgeschichtlicher Zeit bekannt. Die zweite Hauptart, die Kolbenhirse, war den Germanen seit der Roemerzeit bekannt. Hirse ist dann auch inn Deutschland bis in das 19. Jahrhundert hinein angebaut worden. In der namensgebenden Zeit und noch sehr lange danach war der Hirsebrei ein wichtiges Volksnahrungsmittel; noch vor 150 Jahren war Hirsemus in manchen Gegenden Mittel- und Sueddeutschlands ein Lieblingsgericht des Landvolkes. Erst durch den Kartoffelanbau wurde der Hirsebrei aus seiner beherrschenden Sztellung verdraengt und jetzt wird, im Zusammenhang mit einer verfeinerten Bodenkultur die bisher der Hirse vorbehaltene Anbauflaeche fuer die anderen Getreidearten frei.

b) Die sprachgeschichtliche Entwicklung der Namensform Hirschmann 

Hirse ist ein spezifisch deutsches, in der aeltesten Zeit auf den oberdeutschen Raum beschraenktes Wort. Bis zum 17. Jahrhundert war es maennlichen Geschlechts: der Hirse, der Hirs.
Die weiblichenForme, die jetzt fuer die Hochsprache gilt – die Mundarten verharren vielleicht im alten Maskulinun – ist vom Niederdeutschen aus vorgedrungen. Das maennliche Geschlecht des Wortes hat denn auch die seit dem fruehen 15. Jahrhundert erfolgte Anlehung an die Form Hirsch beguenstig. Vom Ende des 15. Jahrhunderts triitt eine Verdickung des auslautenden "s" ein und seit 1521 ist die Form Hirsch lexigraphisch erfasst. Es handelt sich um denselben Vorgang, der auch die heutigen Formen von Barsch ( mhd.bars), Arsch (mdh. Ars), Forsch (mhd. Fors), Bursch (mhd. Burse) usw veranlasst hat.Im Schwaebischen ist die Form Hirsch fuer Hirse weit durchdrungen. Das aeltere schwaebische Schrifttum bietet: Hirschbraeu, Hirschkorn, Hirschmehl, Hirschsamen, Hirschsuppe, usw. Anderwaerts gilt sogar in der Schriftsprache Hirschdorn fuer Hirsedorn, Hirsegras, usw., ganz zu schweigen von den zahlreichen Oertlichkeitsnamen, wie Hirschfeld, Hirschlanden, um nur einige zu nennen. In Norddeutschland, wo man gegenueber des lautwandelnden s : sch zurueckhaltender war, besteht weiterhindie Form Hirse, mit niederdeutscher Tonsenkung Herse, geschwaecht sogar Heese.  

3. Das gewonnene Ergebnis wird von der Namenswelt unterbaut

Ein Nahrungsmittel von so gewaltiger Bedeutung musste seine Verbreiter haben und der Verbrauch von Hirsegruetze setzte einen entwickelten Handel voraus.

Der Hirsemann/Hirschmann kann beides sein, Verarbeiter und Haendler, wie auch der Mueller urspruenglich nicht nur Getreide mahlt, sondern auch Gruetze und Mehl ver-kauft.Als nomen agentis zu Hirse erwartet der Unkundige freilich die Formen Hirser und Hirsner. Diese Bildungen fehlen nun auch keineswegs, allein unserem Landvolk blied das als fremd empfundene Suffix – arius (-aere, -er) lange unbequem. Man bildete lieber die nomia agentis mit –mann, so wie man heute noch den Zeitungsaustraeger Zeitungsmann, den Verkaeufer von Sand Sandmann, usw., nannte. Die Bildung des Namens Hirsemann/Hirschmann ist den also zur sachlichen Seite ganz klar. Aber wir koennen uns noch von mehreren Seiten stuetzen. Im schlichten Bauernhaus der namensgebenden Zeit wird die Hirse fuer die Gruetze zerstampft (geschrottet). Sollte nun auch nicht der Name Hirsestampfer da sein? In Breslau des 14. Jahrhunderts ist er namentlich erwaehnt, und zwar neben dem Gruetzner und Graupner, deren Gewerbe sich ja auch als Name unzaehliger Sippen erhalten hat.

Eine mit Wasserkraft bewegte Muehle fuer Hirse, die Hirsemuehle, hat eine wesentlich andere Einrichtung als eine gewoehnliche Getreidemuehle. Das Gerben der Hirsekoerner erfolgt naemlich in Schalgaengen mit weichen Sandsteinoberlaeufern, auch der Bodenstein muss aus weichem Material gehauen sein. So springt nun der Unterschied zum normalen Getreidemueller hervor, da der Hirschmueller kein normales Getreide mahlte.Die aeltere Form von Hirsemueller hat sich z.B. in Basel, wo die juengere Form ueberhaupt nicht vorkommt, trefflich erhalten.

Selbst die Unterscheidung der einzelnen Hirsearten hat in unserem Sippennamenschatz Widerhall gefunden. Wer den Rohrhirsch, der z.B. in Stuttgart vertreten ist, fuer einen roehrenden Hirsch haelt, oder gar fuer einen Hirsch – der leichtfuessig durch das Rohr bricht – sollte seinen Namen lieber auf Muenchhausen umschreiben lassen. Der Exponymus der Sippen Rohrhirsch war der Anbauer der Rohrhirse, einer ertragreichen Hirseart mit dicken rohrartigen Halmen.

Und wen es nun von der sprachlichenSeite her noch eines weiteren Beweises beduerfte, dass der Hirschmann nichts anderes ist als der Hirsemann, so koennte auf die norddeutschen Sippen Herschmann und Hersemann hingewiesen werden.die mit dem Hirsch absolut nichts zu tun haben koennen, Hirsch heisst im Mittelniederdeutschen gemaess unausweichlichen Luatgesetzen Herte oder Harte.

Nach dem Gesagten ist es also ganz selbstverstaendlich, dass die Hirschmueller als Hirsemann erscheinen. Dass auch bei diesem Hirsemann kein Gedanke an Hirsch sein kann, ergibt sich daraus, dass es keine alten Belege Hirzmann oder Hirtmann gibt, denn in der namensgebenden Zeit ist die Form Hirz (ahd. Hiruz) noch ganz gelaeufig

4. Zur Geographie des Namens  

Was nun die Verbreitung des Sippennamens Hirsemann/Hirschmann betrifft, so geht seine Erstreckung von Graz bis nach Hamburg, von Zuerich nach Koenigsberg, kein deutscher Stamm kann sich, wie das auch nach dem Namensinhalt nicht anders zu erwarten ist, von diesem Namen ausschliessen. Nur eines ist an der Namensgeographie auffaellig: der Osten und der Suedosten ist an dieser Namensgruppe staerker beteiligt, als der Westen. Das haengt wahrscheinlich damit zusammen, dass die Geltung der Hirse in dem klimatisch beguenstigten Westen in der namensgebenen Zeit bereits geschwaecht war: die ertragreicheren Getreidearten, vor alem der Haber hatten dort im 13. Jahrhundert die Hirse ueberfluegelt.

Die Tatsache, dass auch viele juedische Familien den Namen Hirschmann tragen, hat in der Nazizeit zu einer intentsiven Erforschung des Namens beigetragen. Soweit der Name Hirschmann juedisch ist, so wurde argumentiert, so hat er in der Tat mit – Hirsch – zu tun.

Die Beliebheit des Namens Hirschmann bei den Juden geht von verschiedenen Stellen des alten Testaments aus. So wird in 1. Moses 49, 21 der Segen ueber den Stamm Nephthali gesprochen:" Nephthali ist ein schneller Hirsch und gibt schoene Reden". Die Heldin des Hohen Liedes vergleicht ihren Freund mit einem jungen Hirsch und so aehnlich an meheren Stellen. So ist der Hirsch ein altjuedischer Vorname geworden. Es ist daher unrichtig, wenn gesagt wird, dass der Name den Juden usurpiert worden ist. In Neckarsulm findet man schon 1529 einen Juden Namens Hirsch, in Mainz 1697 einen Herz Maas, 1722 dort einen Herz Levi. Anlaesslich des den Juden auferlegten Zwanges regelrechte, erbliche Familiennamen anzunehmen, fuehrte dazu das dieser Vorname vielfach als Familienname gewaehlt wurde: In Mecklenburg z.B. Hirsch Joachim nennt sich Joachim Hirsch, Hirsch Lazarus wird zu Lazarus Hirsch usw. Gemaess der juedischen Sitte, ein –mann ( im Sinne von Sohn) anzuhaengen, - vergl. Friedmann, Feldmann, Seligmann, Ehrlichmann usw.- wird nun auch Hirsch zu Hirschman weiterentwickelt.

4.1 Aufgliederung des Namens in der Vorkriegszeit  
 
Stadt Jahr Anzahl Hirschmaenner
     
Schorndorf 1525 18
Graz 1928 14
Wien 1933 88
Augsburg 1927 18
Muenchen 1929 61
Pforzheim 1928 4
Mannheim 1928 5
Wuerzburg 1934 10
Schwabach 1926 3
Fuerth 1931 44
Nuernberg 1929 237
Frankfurt 1929 5
Mainz 1928 7
Regensburg 1926 13
Koeln 1932 18
Berlin 1933 70
Hambug 1928 13
 

Es wurden diese geographischen Verteilungen vor allem deshalb gewaehlt, um jede Mi- gration als Folge des 2. Weltkrieges auszuschliessen.Aber auch heute ist der sueddeutsche Raum, vor allem in Mittelfranken, der Schwerpunkt des Namens. 

5. Urkundliche Zeugnisse

Hier sollen nicht nur die Zeugnisse meiner Familie, welche bis zum Jahre 1466 zurueck- reichen erwaehnt werden, sondern mir bekannten Quellen.
Die aeltestenArchive meiner Familie befinden sich im Weissenburger Stadtarchiv. Ihre Abbildungen befinden sich in den Kapiteln, welche ausschliesslich auf die Familienge- schichte des Verfassers eingehen.  
 
Jahr Name Stadt/Gegend Quelle
1324 Hirsmann,  

der Zimmermann

Heilbronn Urkundenbuch1, s. 48
1329 Hirschmann,
der Chramer
Passau Regesta Boica 6, s 298
1390 H, Jakob Weissenburg Stadtarchiv WBurg
1400 - 1474 H, Jakob Schorndorf,  Lotterscher St.-baum
1511 H, Sebastian Hagenau i/Elsass Freiburg Mat. S.199
1514 H., Conrat Schorndorf w.1/4j-hefte,s446
1523 H., Panthalion Tuebingen Tueb. Mat. S. 244
1525 H., Hans Schorndorf w.1/4j-hefte 41,s285
1528 H, Christoff  Goerlitz Buergerlisten, s 108
1700 H., Johann Adam Goldkronach Dtsch Ahnereihe,s. 302
       
 
Diese Abhandlung befindet sich im Stadium der Ausarbeitung und wird lfd ergaenzt.

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