Technische Entwicklung

Verkaufsautomaten sind bereits eine recht alte Erfindung. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es Automaten für Süssigkeiten, Zigaretten, später z. B. auch für Postkarten, Briefmarken und für Fahrpläne. Die Waren lagen bei Schubladenautomaten auf einem Stapel, bei Fächerautomaten hintereinander in getrennten Fächern. Sogar eine einfache "Rückgeldfunktion" war üblich: Man legte der Ware das Wechselgeld bis zum Wert der einzuwerfenden Münze gleich bei. Die ersten Billettautomaten im weiteren Sinn dürften in der Schweiz solche für die Ausgabe von Schnellzugszuschlägen (1948 abgeschafft) gewesen sein. Leider gibt es kaum noch Informationen über diese Automaten.

Die rein mechanischen Sodeco-Billettautomaten aus den fünfziger Jahren gaben nach dem Einwurf der entsprechenden Münzen und dem Drehen einer Kurbel undatierte Einzelbillette aus, die anschliessend vom Kondukteur (oder Fahrer) im Bus oder Tram in gewohnter Weise gelocht wurden. Sie dienten dazu, das Personal vom Geldwechseln zu entlasten und damit die Aufenthalte an den Haltestellen zu verkürzen.

In den sechziger Jahren entwickelte die Firma Sodeco den Billettautomaten ST 10 für den Fernverkehr, der Billette im edmonsonschen Format druckte, Rückgeld bis zum nächsten ganzen Franken gab und bis Mitte der achtziger Jahre bei zahlreichen Bahngesellschaften anzutreffen war. Diese gewaltigen Fortschritte, insbesondere was die Angebotsvielfalt betrifft, wurden möglich durch den Einsatz einer elektrischen (Relais-)Steuerung, die an die Stelle komplizierter Mechanik trat, und den Druck der Billette im Automaten selbst. Wie die ersten Automaten für den Nahverkehr diente auch der ST 10 primär der Entlastung des Personals, ein Zwang zur Selbstbedienung bestand in der Regel noch nicht.

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Der nächste Entwicklungsschritt vollzog sich bei den innerstädtischen Verkehrsmitteln, die über vergleichsweise einfache Tarifstrukturen verfügten und die ihre Lösungen - im Gegensatz zu den Bahngesellschaften, die den ST 10 beschafft hatten - auch nicht national koordinieren mussten. Zunächst führten ab Mitte der sechziger Jahre die Verkehrsbetriebe vieler Städte Entwertungsautomaten ein, die den Kunden mit Fahrscheinheften die Benützung von Sichtwagen erlaubte (Elaax, Bell Punch). Für die Lochung der vorverkauften Billette sparte man damit bereits Personal ein. Bald darauf wurden aber auch erste Geräte entwickelt, welche mit dem automatisierten Verkauf von datierten Billetten die vollständige Fahrgastselbstbedienung erlaubten. Typische Beispiele für diese Automatengeneration sind die Billettautomaten von Bell Punch und Prümm sowie die bereits etwas fortschrittlicheren Modelle Autelca BE 1 bzw. Sadamel 1522, die in Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben von Basel, Bern, Genf und Lausanne entwickelt wurden, und das Zürcher Pendant, der Xamax ZH 1. Für die relativ niedrigen Tarife erachtete man es als zumutbar, dass die Fahrgäste passendes Kleingeld haben mussten, so dass man auf eine Wechselgeldeinrichtung verzichtete.

Bezüglich der Aufstellung der Automaten für Trams und Busse gab und gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Die Aufstellung an den Haltestellen erfordert vor allem bei Betrieben mit dünnem Fahrplan mehr Geräte als die Montage in den Fahrzeugen selbst, ausserdem müssen die Automaten vor Witterungseinflüssen und Einbruchversuchen besser geschützt werden. Dafür ist es ohne aufwendige Technik möglich, den Einsteigeort aufs Billett zu drucken, was problemlos mehrstufige Tarife ermöglicht. In dicht besetzten Fahrzeugen ist ein Automat schlechter erreichbar als an einer Haltestelle, ausserdem ergibt sich eher die Möglichkeit, im Falle einer Fahrausweiskontrolle noch rasch ein Billett zu lösen oder abzustempeln. In grösseren Städten entschied man sich deshalb eher dafür, die Entwerter und Billettautomaten an den Haltestellen zu installieren, während man in kleineren Städten mit Einheitstarifen eher den Automaten in den Fahrzeugen den Vorzug gab.

Die Lücke zwischen den Nahverkehrsautomaten (mit maximal fünf Tarifstufen) und den Fernverkehrsautomaten füllten in den siebziger Jahren neue Automatentypen, die mit der Einführung des kondukteurlosen Betriebs auf Vorortsbahnen entstanden (z. B. BTB, SZB/VBW: Autelca BE 1-14/28 RK, FB: Xamax BA 2000). Sie lieferten zwar halbe und ganze Billette für eine grössere Anzahl von Tarifstufen und gaben in der Regel Rückgeld, hingegen gaben sie keine Billette nach Orten abseits der jeweiligen Linie aus, so dass die Billette und ihr Aufdruck keinen nationalen Normen genügen mussten.

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Mittlerweile suchten auch die grösseren Bahnen nach weiteren Rationalisierungsmöglichkeiten. Versuchsweise führten die SBB und die BLS-Gruppe 1976 auf ausgewählten Linien Entwertungsautomaten der Firma Autelca ein, die man wiederum auf die bestehenden Tarifvorschriften ausrichtete. Das Gerät musste deshalb Edmonsonsche Kartonbillette und handgeschriebene Billette aus Papier verarbeiten können. Bei den Kartonbilletten musste es ausserdem den Nummernabschnitt lochen, da man sonst Missbräuche durch das Stationspersonal (!) befürchtete. Die Kunden mussten auch Billette entwerten, die sie unmittelbar zuvor am Schalter oder Automaten gelöst hatten. Während sich das System auf den Linien Bern - Belp, Bern - Bern Bümpliz Nord und Zürich - Meilen - Rapperswil einigermassen bewährte, wurde die Selbstkontrolle auf der Linie Bern - Biel wieder aufgehoben. Die SBB kamen zum Schluss, dass einige Vorschriften anzupassen waren und dass für die Ausdehnung der Selbstkontrolle auf weitere Linien ein einfacheres Gerät beschafft werden müsste. Diese Überlegungen führten schliesslich zu den Mehrfahrtenkarten mit 5,5 cm Breite, die Mitte der achtziger Jahre als Schweizer Norm eingeführt wurden.

Auch für die nationalen Einzelbillette liess man schliesslich ein "automatentauglicheres" Format zu, als ab 1980 (Autelca B 100) der Übergang zu den querformatigen Papierbilletten erfolgte, auf die die unterdessen aufgekommenen Nadeldrucker beinahe jeden gewünschten Text drucken konnten - ganz im Gegensatz zu den früheren Automatenbilletten, die oft nur einen Code für die Ausgabestation und einen Preisaufdruck erhielten. Auch das Datum konnte nun leicht verständlich angegeben werden (Tag, Monat, Jahr), zuvor hatten viele Automaten mit einfachen Druckdekaden die Tage eines Jahres fortlaufend durchnumeriert.

Zwischen Nah- und Fernverkehrsautomaten bestand nun also in der Billettausgabe kaum noch ein Unterschied. Dafür entstanden neue Bedienungskonzepte: Im Fernverkehr wählte man nicht mehr mit einer einzigen Taste das gewünschte Billett (Eintastenbedienung), sondern zuerst das Ziel und dann die gewünschte Fahrausweiskategorie (Zweitastenbedienung). Dadurch konnte ein Automat mehr verschiedene Billette anbieten, ohne dass eine Unzahl von Tasten nötig wurde. Dieses Prinzip wurde später weiterentwickelt zur Bedienung über eine Zehnertastatur (Ascom B 8027 und B 8066 für den Zürcher Verkehrsverbund) bzw. über einen Berührungsbildschirm mit mehreren Auswahlstufen (Ascom SwissTouch).

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In den Berührungsbildschirm mündet auch die gewaltige Entwicklung bei den Anzeigen: Waren einige der ersten Automaten nicht einmal in der Lage, den Betrag anzuzeigen, der noch zu bezahlen war, so führte man doch schon bei den ersten anspruchsvolleren Geräten (z. B. Sodeco ST 10, Sadamel 1522/Autelca BE 1, Xamax ZH 1) Ziffernanzeigen für den Fahrpreis ein. Diese funktionierten mit Nixie-Röhren, also Glimmröhren, die mit Hilfe von entsprechend geformten Elektroden die Ziffern 0-9 anzeigen konnten. Mitte der siebziger Jahre kamen die 7-Segment-Anzeigen auf, zunächst noch auf der Basis der Glimmröhre, dann mit (Halbleiter-)Leuchtdioden (light emitting diode, LED) und schliesslich auf Flüssigkristall-Basis (liquid cristal display, LCD). Nach dem Flüssigkristall-Prinzip konnte man auch Erläuterungstexte auf einer kleinen Matrixanzeige realisieren, und später entstanden Automaten, die auf einem Bildschirm beinahe alle gewünschten Informationen anzeigen.

Für die Billette des Fernverkehrs sowie für Mehrfahrtenkarten und Abonnemente waren auch neue Zahlungsmittel nötig: Die neueren Automaten akzeptieren teilweise Banknoten oder sogar Kreditkarten. Einige Betriebe führten Magnetkartensysteme ein, die allerdings wieder auf jeweils ein Unternehmen beschränkt sind.

Mit der Perfektionierung der Automaten und der Notwendigkeit, gerade auf schwach frequentierten Nebenlinien Personal einzusparen, entstand das Bedürfnis nach einfachen und billigeren Automaten für kleinere Haltestellen, die aber zumindest für kurze Strecken möglichst das ganze Fahrausweissortiment zur Verfügung stellen. Die Lösung fand man in der Verwendung von Parkuhren, bei denen der Kunde den Tarif auf einer Tabelle feststellt und nach Einwurf des entsprechenden Betrags die Ausgabetaste drückt (Ticfak TF 4000-B, TF 9000, Metric Accent). Ein ähnliches Prinzip kam übrigens schon in den siebziger Jahren bei einem englischen Produkt namens Videmat zur Anwendung. Auch der Videmat erlaubte im Prinzip den Einwurf eines beliebigen Betrages; die eingeworfenen Münzen wurden auf dem Billett abgebildet, ausserdem wurden ein Haltestellencode und das Datum aufgedruckt.

Am andern Ende der Angebotspalette konnte man ein nochmals flexibleres Fahrausweissortiment erreichen, indem man die Automaten an einen zentralen Computer anschloss. Dadurch müssen Angebotsänderungen nicht mehr am Automaten selbst programmiert werden, sondern können für alle oder einen Teil der Automaten zentral eingegeben werden (z. B. Ascom SwissTouch).


Letzte Änderung: Michael Vock, 26.12.2001
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