Mit'm Moped nochma ans Mittelmeer

sachverstand2 @ geocities.com

08.07.1995 bis 21.07.1995




08.07.1995, 09:00.

Wenn a$^²$ +b$^²$ = c$^²$ ist und dieses Haus da vorne zu dem Dorf am Tiestestaudamm gehört, sind wir gestern gegen 17:56 in H abgefahren und über die B 217, B1 und B252 nach Volkmarsen gebrettert. Vor mir her schlampt eine schwarze Suzi, die dieses Jahr noch zum TÜV muß und ob ihrer exorbitanten Kompression noch satte 140 Sachen läuft. Obendrauf thront das häßlichste Topcase der Welt und meine geile Freundin. Gottlob zeigt der Tacho zu wenig Geschwindigkeit an, so daß wir zügig vorankommen. Die Geräusche erinnern an durch Triathlon-Wettbewerbslautsprecher gejagte Popmusik sowie an Sachen packende Frauen, im Wald trällert ein Vogel.

Wenn ich noch länger auf diesem Bock sitze und schreibe, krieg ich trotz der frühen Stunde noch'n Sonnenbrand im Nacken, drum helfe ich jetzt lieber packen. Unsere Chancen, nach Nizza zu kommen, sind bis jetzt bestens.




08.07.1995, 15:30.

Ich schreibe dies bevor ich mir die Hände mit LF 15 einreibe, denn noch röter sollen sie nicht werden.

Rodgau ist eine üble Flächenstadt im NO F's. Die Stirnen und Witze der Eingeborenen sind so flach wie's Land selbst. (Die anner Nordsee haben ja wenigstens noch ihre Deiche.) Man tanke in OF, fahre B 459 und B 45 und halte erst wieder am Nordrand des Odenwaldes!

20:00.

Dieser Campingplatz hat was: weichen Boden, Trinkwasserhähne, gute Ausschilderung und einen Geräuschpegel, der manchmal 98 dB überschreitet. Das liegt an den Kindern, die auf der Wiese neben dem Swimmingpool Ball spielen und ihr phonetisches Output natürlich in die fetzendsten Frequenzbereiche verlegen.

Nur die B 252 hat Katapultwirkung, die B 45 ist einfach bloß nett. Heilbronn ist langweilig. Pforzheim bringts bei Verdoppelung der Ampelzahl und Ausrichtung einer Expo vielleicht noch auf Kasseler Verhältnisse. - Der Nordschwarzwald entschädigt, insbesondere wenn müde Arbeitnehmer zwischendurch nickerchen. Ab Pforzheim hatten wir sogar eine gescheite Karte, die den wahren Straßenverlauf, die wahre Ortschaftsgestalt und Campingplätze enthielt - - die Alpenkarte nämlich!

Unserer ist allerdings nicht eingezeichnet.

Gleich sind die Tortellini in Käsesoße fertig, das Licht ist auch weg, und morgen fahren wir besser nicht nochmal 500 km am Stück.




09.07.1995.

Liebelsberg war der Name. Über Bundesstraßen gelangt mensch flink nach FrißDichSatt, und dann kommt der Kniebis: 31 Haarnadelkurven bei 12% Gefälle. Der Weg nach Goldscheuer ist weniger spektakulär, im Gegensatz zu dem explodierten Kalb mit Spätzeln, das es nach ½h Schlafen im Garten zu Mittag gab.

Ich schreibe so unleserlich, weil mich eigentlich die Frage beschäftigt, warum sie mir freiwillig den Tankrucksack herübergeholt hat. Der liegt jetzt neben dem ganzen Rest im Gras (bis auf die Suzis, die stehen nebendran und tröpfeln leise vor sich hin); die Süße löst Kreuzworträtsel.

Nebendran zelten zwei Radfahrer vom hageren, erschossenen Typ. Wir fanden den Titi- und den Schluchsee an der alten Stelle, kriegten einen kleinen Erschöpfungsanfall, schafften es aber noch über die Grenze (''Ausweis?'' - ''Ja-a!'') und pausierten anschließend ausgiebig im Bahnhof. Wo ich feststellen mußte, daß mensch Eiskaffee hierzulande löffeln muß.

Die Schweiz ist ja so aufgeräumt, drum fanden wir diesen C-Platz auch im Blindflug. Und jetzt helf ich Alex beim Kreuwo.




Mo, 10.07.1995, 9:00.

Wenn mir der linke Arm wehtut von den vielen entgegenkommenden Kradfahrern gestern und ich gerade mit Hilfe eines Bechers café au lait in die Füße gekommen bin, dann duscht Alex gerade für 20 Rappen/min so heiß wie sie will, und ich überlege verzweifelt, a) über welchen von den dreien wir fahren sollen und b) wie wir auf dem Rückweg in Paris vorbeischauen, ohnezu hetzen.

Am Nufenen ist nur die Aussicht schön. - Am Susten sind nur die Kurven schön, und daß es Cafés gibt. - Am Furka gibt's auch Cafés, außerdem den Rhônegletscher, affengeile Aussicht, ein paar Kurven und die Gelegenheit, in Gletsch vorbeizufahren - wie beim Susten auch. Alleszusammen ergibt den FURKA.

Wir stehen bzw. liegen 20 km vor Andermatt. Das gute Wetter (sonnig, heiß etc.) hat sich gehalten. Mit mildem Kopfschütteln bedenke ich die vorbeikurbelnden RadfahrerInnen, die sich mit hängenden Köpfen durch den sengenden Ofen beißen, während wir wie schlaue Großkatzen im Schatten relaxen.

15:30.

Je weiter wir kommen, desto schwächer werden die Eindrücke vom Vierwaldstätter See. Jetzt also, in Realp, am Fuße des Furka und somit vor dem letzten Drittel der heutigen Etappe, vor der Kulisse dutzendweis vorbeidröhnender Mopeds (haupsächlich Honda V-Twins und Ducs) nehme ich einen weiteren Anlauf, das mal zu beschreiben.

Mir ist bewußt, daß es Kradfahrer gibt und auch immer geben wird, die den VS spießig finden. Laß sie reden, mir ist's gleich. Wer aber nach dem Lesen von dem hier selber mal hinfährt und darauf spontan Lust verspürt, mir wegen dem Tip die Füße zu küssen, kann das symbolisch tun, indem er/sie DM 10,- auf mein Konto XXXXXXXXXXX0 bei der Kreissparkasse H überweist.

Der Vierwaldstätter See ist also ein See, etwa so groß wie Hannover, nur 3* so lang wie breit. Das Wasser ist, egal aus welcher Höhe betrachtet, hellgrün, leicht bläulich, leicht milchig. Auf dem See fahren Segelboote und Surfer herum und diese schnellen lauten Motorboote, die man zum Wasserskifahren braucht.

Am Rand liegen die größeren Segelboote in den kleinen Buchten, die der See massenhaft aufweist, es passen nur jeweils 20-30 Stück hinein.

Am Rand von dem See wachsen Bäume, hauptsächlich Laubbäume. Wie sie es schaffen, sich an diesen Hängen festzuhalten, weiß ich nicht. Das ungläubige Auge folgt also den Wipfeln nach oben... und weiter nach oben... bis ganz oben... und fragt ungläubig: Da sollen wir hoch?

Wenn man von Norden kommt und Küßnacht City findet, tauchen bei diesigem Wetter diese Berge plötzlich auf. Manche sind bis zur Spitze bewaldet, manche nur halb, manche noch weniger. Die Form wiederholt sich: Kegel mit ca. 60° Spitzenwinkel; natürlich mit Buckeln und Löchern, damit man sie unterscheiden kann. Zunächst sehen sie nur aus wie ein Wolkenberg; eine Vision, ein Witz, eine Fata Morgana. - Doch die Wolken darüber ziehen weiter, während die Kegel stehen bleiben, Struktur bekommen und schließlich aussehen wie massive Kegel - was sie ja auch sind. Die 60° Spitzenwinkel sorgen dafür, daß die Kegel bei aller Massivität zugleich unglaublich hoch aussehen.

Dann fährt man also auf dieser Straße lang, kommt um eine Kurve, und zwischen zwei Bergen kommt ein dritter zum Vorschein. Der sieht genauso hoch aus, ist oben aber kahl und/oder mit weißen Flecken versehen. Man fährt also weiter, die grünen Berge bleiben zurück, aber die kahlen bleiben kackfrech wo sie sind. Sie werden beim Näherkommen auch nur langsam größer, was bedeutet, daß sie ziemlich weit weg sind, was bedeutet, daß sie ziemlich hoch sind, aber hallo! Man fährt also und fährt auf dieser extrem kurvenreichen B 26 an der Nordkante des VS, und überall lugen die Kahlen, lächeln müde und denken: Komm du nur.

Mehr als 80 sind nicht drin auf der Straße, man schwingt von Kurve zu Kurve, genießt das affengeile Wetter und spürt den Hintern kaum.

Sehr rührige Gebirgsjäger haben die hier, in der Tat. Das Land liegt schon voll mit ihren Opfern; wenn die so weitermachen, müssen sie sie stapeln.




11.07.1995, 9:00.

Zwei Minuten nach dem Frühstück, die Sonne fängt an zu brennen. Dieser zweite Becher Kaffee soll mich endgültig wieder auf die Beine bringen, damit wir uns anschließend kompetent einer kompletten Umgestaltung der Tour widmen können.

Alex zeigte sich gestern recht angetan vom Pässefahren. Rumsitzen, Landschaft angucken, Stückchen weiterfahren... Sie sprach spontan davon, die anderen 4 Pässe hier in der Gegend auch gleich mit abzuklappern; mit der festen Zusage allerdings wollte sie noch warten und das Wetter und ihre Verfassung und die Wahrscheinlichkeit qualvoller Enge an Nizzas Strand überdenken.

Ich rechne wie folgt: pro Tag fahren wir ohne Hetzen eine Spanne weit auf der Alpenkarte 1:750000 = 100 km Luftlinie. Von hier bis Nizza sind es 3 Spannen. Von Nizza bis zum Lago M sinds 2 Spannen. Von dort bis M 3 Spannen, sind insgesamt 8 Spannen. Dann wären wir Di in M und demzufolge Sa wieder in H. Damit ist die Paßrunde genehmigt.




11.07.1995, 22:15.

Nachtrag zur Rechnung: Der Weg nach Innsbruck führt übers Stilfser Joch. Das ist aber kein Umweg.

Heute sind wir den ganzen Tag gefahren. Im Gegenuhrzeigersinn. Es war irre schön, und Alex heizt inzwischen genausogut wie ich. Ihr Hinterreifen sagt, ihre Suzi liegt in den Kurven tiefer als meine - und Hinterreifen haben immer recht.

Wahrscheinlich vermißt jeder das ausufernde Kapitel Mopedwartung. Hier ist es: alle 1000 km Ketten geschmiert und heute auch noch Alex' beide Ständer. Punkt.

Zur Sekunde befinden wir uns in einem kleinen heißen Zimmer im 3. Stock eines Hotels, 15 km vor Martigny. Es ist Alex gelungen, meine einsetzende schlechte Laune mit Sprit für FF 20, gutem Zureden und einem 1/2 Chickenburger wieder zu heben. Ich beiße die Zähne zusammen, murmle ein 'Laissez-faire' und vergegenwärtige mir anhand der amtlichen Kennzeichen, daß wir immer noch in der Schweiz sind und nicht alles scheiße ist. Auch diese Brücke nicht, unter der wir die Sekunden zwischen Blitz und Donner zählen. Das heftige Gewitter, das uns durch Böen stürmisch begrüßte, hat aufgehört, es nieselt draußen vor sich hin. Hoffentlich hört's morgen auf, spätestens wenn wir nach Italien kommen.

[Für die Akten: Radfahrer dürfen schlecht gelaunt sein, wenn sie bei Gewitter und Gegensturm auf Martignys tropfnassen C-Platz kommen. Aber 48 h später, längst trocken und 2 schöne Pässe weiter, immer noch nur nach Hause zu wollen, zeugt von ungewöhnlich großer geistiger Dereguliertheit. Vermerk Ende.]

Auch heute stürmt's & regnet's. Dennoch bin ich guter Dinge. Alex hat recht: möglicherweise regnet's hier morgen immer noch, und auf nassem Rasen campen ist auch nicht der Hit. Also gehn wir hierher, schlafen, duschen und frühstücken in Ruhe (aha, der Lausanner Nachtexpreß; am 3. Wagen hatte ein Rad einen Sprung oder so) und legen morgen nur 3 Pässe aufs Kreuz.

Dieser Tag war kein Fehl! Solange er (oben im Rhônetal) super war, war er super, und irgendwann mußte es ja mal regnen. Doch, ich bin zufrieden; und freu mich auf morgen, wo wir wieder um die Wette grinsen werden.




12.07.1995, 12:15.

Heute wurde ich das erste Mal in meinem Leben Zeuge einer Motorradfilzung - an meinem eigenen Motorrad. 'A droîte' hieß das Kommando, und dann lunste er in meine Koffer und fand 'mangiare' und Klamotten. Ich hatte ihn wohl enttäuscht, denn ich durfte wieder einpacken.

Bei Alex guckten sie ins große Topcase und winkten ebenfalls ab. Ob sie an ihrer Unterwäsche interessiert waren? (Bei mir gucken hätte dann Alibi-Funktion gehabt.) Schließlich waren es Italiener auf der Paßhöhe des Großen St. Bernhard. Wo unglaublich viel Hundescheiße herumliegt. - Die Aussicht war so lala, aber die Kurven waren sehr nett (im Hintergrund verstummen gerade Klagen über Rollsplitt und Schlaglöcher). Essen is' fertig! Es handelt sich um gemischten Blattsalat mit wiederaufgewärmten ChickenMcNuggets und Yoghurtsoße von Maggi sowie eine halbe heiße Minipizza, paar Schluck Cola und 1 (unfreiwilligen) Espresso au lait.

17:30. Col d'Iseran. Die Aussicht 800 m tief auf Val d'Isere ist nett. Im Winter wird die Gegend zum Skizirkus umgebaut. Westalpen sind steil und geil.

Die Franzosen stehen dazu und lassen die Leitplanken gleich ganz weg. Zum Gucken wird angehalten, und Leute mit schwachen Nerven kommen besser sowieso gar nicht her.

20:50. Nachdem der Cheforganisator das Zelt aufgebaut und abgewaschen hat, pflegt er nun der Ruhe, beobachtet die Chefköchin bei der Zubereitung der Zuccini-Würstchen-Pfanne, scannt die Maschinen nach quietschenden Unterbrechern und rausgefallenen Motorhalteschrauben und versucht rauszufinden, was an im Kreis spritzenden Rasensprengern interessant ist. Doch auch eine Viertelstunde sorgfältigen Beobachtens brachte nichts Interessantes zutage.

Wir sitzen im Camping Municipal am Fuß des Galibier, und es geht uns gut... es geht uns gut.

21:30. Die Käfer auf dem Platz hier sind etwa 21 mm lang und braun: hellbrauner Rücken, dunkelbrauner Kopf etc. Sie fliegen völlig planlos in der Gegend herum und geben einen tiefen Brummton von sich, wenn sie dicht am Ohr vorbeifliegen. Sie fliegen mit herabhängendem Hinterleib und wechseln dabei immerfort die Richtung, so daß man kaum mehr als 5/min in das 1 m entfernte Suzi-Vorderrad kicken kann.

Besonders gern sitzen sie in Haaren und auf Alex. Die hat sich jetzt ins Zelt zurückgezogen und liest, weil sie vor diesen drolligen Viechern Angst hat.

Sie erschienen hier 1/2 h nach uns. Sie warteten, bis wir die Nummer vom Platzwart hatten und der gekommen war und das Häuschen aufgeschlossen hatte und die 4 Plaketten an einem Auto kapiert und FF 50 kassiert und wieder weggefahren war. Und dann strömten sie in Scharen herbei, versuchten vergebens Grashalme zu erklettern, schwenkten ihre L-förmigen Fühler und taten auch sonst alles, um uns zu vergraulen.

1/2 h ist rum, die Käferei ist vorbei. Nur mein PrivatKäfer surrt um mich rum und krabbelt mir in die Haare. Die Gier nach Nikotin hat Alex aus dem Zelt geholt, und mein Privatkäfer fächelt sie und ihre Suzi noch ein wenig, bis auch er (oder sie?) sich zur Ruhe begibt. Zeit für das Dessert: Obstsalat mit Sahne.

Die Wolken, die den ganzen Tag nur die Gipfel verhüllten, kommen jetzt runter.




13.07.1995, 13:00.

Das war also der Galibier: zahllose Kurven, Aussicht, Überholen im 1. Gang, mordsmäßig viele Radfahrer (auch durchgeknallte deutsche: mit Gepäck) etc. etc. Nun sitzen wir am Fuß des Izoard und warten auf Quiche und Salat. Unterm Dach lärmen die Spatzen, und auch sonst ist alles auf rustikal getrimmt, die tun hier so, als wären wir in der Schweiz.

14:00. Col d'Izoard, süß und klein, muß mit in den Urlaub rein. Wir halten nicht mehr so oft, um zu gucken: Berge sind Berge. Das halbe Tagessoll in 4 h abgerissen? Fortschreiben ergibt C-Platz heute abend 18:00. Na, mal sehen.

6:00. Auch der Vars, das ist klar, kommt in unser Repertoire. Leidet reimt sich nichts auf Bonette. Na, mal sehen. - Sturm oder was?

9:15. Das war er also, der gefürchtete Bonette. Routiniert abgesessen haben wir ihn, den 11. Paß, und die Regenkombi kam auch zu ihrem Recht. Nun sitzen wir in St. Etienne, immer noch nicht wieder in der Sonne, aber es regnet nicht. An meinen Beinen eine schwarze, zu kurze Lederlatzhose, direkt vor uns die beiden besten und schönsten Mopeds der Welt (GS 400s, versteht sich.)

Wir haben also aus Versehen 4 Pässe abgerissen, werden morgen nach Nizza heizen, die Füße ins Wasser hängen und mal sehen, wie weit wir es auf der kurvenreichen Küstenstraße nach Italien schaffen.

Wir sind beide zwar recht erschossen, und Alex möchte bereits zelten, aber das Gras ist naß, und das kann ich nicht leiden. 1913 km bis hier.




14.07.1995, 12:00.

Nizza: eine Meeresbucht von ca. 4 km Länge, 30 m Kiesstrand, 8 m Bürgersteig, eine Hotelkette. Dahinter kommt vermutlich auch noch was, aber wir schätzen das als nicht besonders interessant ein. Der (uns bekannte) Rest ist ebenfalls nicht besonders interessant, bis auf die regelmäßig startenden Jumbos und die Gleitschirmflieger. Alex will weiter nach Monaco. Vom Fall der Bastille ist auch nichts zu sehen, nur vorhin hat was 'bumm' gemacht.

14:07 Wir sitzen in einem Eiscafé im Schatten, mit Blick auf Berge, Bäume, weißgekalkte Häuser und die Mopeds. Ich hab'n Capuchino, Alex trinkt aqua minerale, und irgendwohinter unseren Rücken platscht das Meer träge gegen's Ufer. Man sieht es zwar nicht, man hört es auch nicht, aber man riecht es. (Notiz von Alex für Max: VISS heißt hier CIF.) Vor uns auf der Straße rasen die verrückten Italiener vorbei. Die Italienerinnen fahren Mokicks, und zwar mit Sonnenbrille und Sommerhemdchen, aber ohne Helm. Das sieht sehr cool aus; aber ich möcht keinen Unfall sehen.

Man könnte also annehmen, es wäre alles in Ordnung; dem ist aber nicht so. Alex begräbt gerade ihren Traum vom Bummeln und Feudel- oder Kleiderkaufen zu zweit, und das tut anscheinend ein wenig weh. Ich habe ihr die Bedingungen auseinandergesetzt, unter denen ich mein und ihr Moped aus den Augen lasse - 20:15 und das dann doch gelassen. Vielmehr saß ich im Zentrum von San Remo und bewachte meine Suzi, während mein Tankrucksack, mein Schlafsack und Aaa.'s Suzi bei bzw. in Anjas Zelt auf uns warteten. Alex tapste durch 4 Läden und fand tatsächlich einen schicken Bikini. Anschließend cruisten wir noch ein wenig auf der Suche nach alimentari oder einem Ristorant herum, holten viel Gemüse und Fluppen und verbrachten anschließend 1/2 h am Meer.

Ach ja: kein Col heute. Dafür die Umstellung auf italienische Verkehrsverhältnisse. Ganz Italien fährt Mokick, besonders die besonders schicken Frauen. Helmpflicht gibt's nicht, und deshalb auch nicht viele Krüppel; denn die Mokicks fahren in der Regel auf dem Mittelstreifen (so vorhanden).

Ansonsten ist es nett hier am Meer. (Jetzt ist es gerade einen Moment so ruhig, daß ich die Brandung hören kann.) Die Küste ist bis 1 km ins Landesinnere bebaut: Strand, Häuser, Küstenstraße, Häuser, Blumengewächshäuser, Autobahn, Häuser. Es ist vielleicht ein bißchen eng, aber auch daran gewöhnt man sich.




15.07.1995, 12:30.

Man gewöhnt sich auch an die Küstenstraße mit vielen Kurven, Ortsdurchfahrten, bekloppte Mokickfahrer, riskante Überholmanöver und das Auf und Ab: mal erscheint das Meer aus Fußgänger-, mal aus Vogelsicht.

Es ist blau. Zudem ist's ziemlich diesig, deswegen blendet die Sonne nicht so.

Zur Sekunde sitzen wir im Schatten unter Efeulaub in einem Restaurant und warten grinsend auf unser Mittagessen. Wenn ich nach links gucke, sehe ich die besten und schönsten etc.; rechts liegt das Meer herum, mit ner Insel, Schnell- und Segelbooten etc.; und vor mir sitzt Alex und erzählt von ihrem Alptraum letzte Nacht.

20:30 Es ist alles in Ordnung. Es ist wirklich alles in Ordnung.

Zwar hält nur noch Messetape die Trümmer meines H4-Scheinwerfers zusammen, und wir spüren unsere Hintern kaum noch.

Aber wir haben in Genua Benzin und teilsynthetisches Öl und Zigaretten und die richtige Ausfahrt zur strada stradale 45 mit nur 600 m Umweg gefunden und genossen im weiteren Verlauf die äußerst kurvenreiche, wunderschöne Strecke durch das Tal der Trebbia (Vale di Trebbia) in den gritzegrünen Appeninen. Wir haben den letzten Stellplatz auf diesem netten, sauberen C-Platz bei Marságlia ergattert und ruhen nun aus. Das heißt, ich schreibe, und Alex kocht 'Dicken fetten Gemüseeintopf'.

Das war also die Riviera. Schön und nett, aber hier in den Bergen ist's doch etwas netter. Und kühler! Im Sommer ist es im Süden tatsächlich furchtbar heiß (auf'm Moped, ohne Lederjacke, geht's gerade so, man holt sich nur heftigen Sonnenbrand auf Hals, Handrücken und Unterarmoberseiten), und campen kann man auch anderswo, aber nicht anderswann.

Badeschlappen sind beim Campen sehr praktisch, man braucht nur die und Duschgel, und schon kann man das hiesige kostenlose warme Wasser ausnutzen.

Da fährt man ins Land der Motorräder und sieht: Tausende von bunten Rollern, paar BMWs und haufenweise Hondas. Warum hegen und pflegen die ihre alten Gurken nicht? Die Spinner!

Die SS 45 wird gerade zur Kraftfahrstraße ausgebaut. Wer Kurven mag, fährt am besten sofort los!

PS Wir haben Dosenöffner vom Bund. Unsere Jungs werden im nächsten Einsatz verhungern.




16.07.1995, 14:05.

''Ich seh' was!'' ''Was denn?'' ''N See!'' Den Gardasee nämlich. - 100 km Luftlinie sind in der Poebene ca. 100 km, und wenn man nicht eine der zehn Kurven verpennt oder eine Abfahrt, ist man ratz-fatz durch. Das muß man auch, den ohne kühlende Gewässer in der Nähe und ohne Fahrtwind (oder Schatten incl. Hallo-Wach-Espresso oder Capuccino) schmilzt es auch den härtesten Biker rasch vom Sattel.

Heute ist Sonntag, aber netterweise haben viele kleine Läden auf. Soeben ist ein Tragflächenboot zur Ostseite des Sees gestartet.

19:45 Ich sitze an der Leitplanke zwischen Arco und Trento, am Kopf des kilometerlangen Staus. Der Fiat hat das Überholen bergab wohl nicht mehr geschafft und den Bus getroffen: der klassische halbversetzte Unfall. Das Dach vom Fiat hat die Feuerwehr entfernt, und der Überlebende fliegt gerade mit'm Kopter ins Ospedale. Den Kopf vom anderen haben sie abgedeckt. Wir warten auf den Leichenwagen.

Eigentlich wollte Alex ja noch an den See und ihren neuen Bikini abermals ausführen. Aber ich mißdeutete ihre diesbezüglichen Zeichen, und nun sitzen wir hier.

Der Abflugsverkehr vom Lago, sofern italienisch, wird weiterfahren. (Die beiden Turiner knutschen.) Alex quatscht mit Güterslohern. Die Campingplätze vor und nach diesem Unfall füllen sich zur Sekunde mit Leuten. Was tun?

20:15. Das mit den C-Plätzen war gelogen. Wir sitzen auf dem ersten nach dem Unfall, und Alex geht morgen früh ins Wasser der hiesigen Piscina. Mit mir. - Der C-Platz hier ist sauber etc., aber bestimmt nicht billig. Macht nix, wir haben ja heute gelernt, wie ärgerlich Sachen sind, die man nicht mit Geld wiedergutmachen kann - und die Lektion war sogar gratis.

Im Hintergrund liest geräde ejner sejnem Ginnt ejne Guudenächtgeschischde vör. Übrhäupt is dr Gärdäsä midd Sischrhejt fest in deütschr Hannt. A propos: wer gerne im Dunkeln Achterbahn fährt, sollte es mal mit den Westgalerien des Gardasees probieren. Um dem Ganzen mehr Würze zu geben, könnten auch Sie Ihren Scheinwerfer mit Messetape überkleben oder gleich Milchglas verwenden. Es ist ein erhebendes Erlebnis, um eine Kurve zu kommen und auf dem eigenen Fahrstreifen zwei überholende Enduros vorzufinden. Oder pizzafutternd auf der Brüstung zu sitzen, die Cola runterzuschmeißen, 5 Sekunden später hinterherzugucken und sie eine weitere Sekunde später am Seeufer zerschellen zu sehen. - Der Kavalier der Straße nuckelte nur 30 schneller als erlaubt (und dennoch dauernd überholt) voran und kam incl. der 2. Suzi nach 20 km heile wieder heraus. Manchmal haben wir sogar Radfahrer dort drinnen gesehen.

Wie auch immer, wir haben den 10. Tag heil überstanden und sehen dem Rest der Heimfahrt gelassen entgegen.




Mo, 17.07.1995, 13:30.

Der Mendelpaß war easy, und schon nehmen wir die Dolomiten via Eggental/Karerpaß ins Visier. Hinterm Mendelpaß beginnt Südtirol: die Schilder sind zweisprachig (D/I), die Straßen sind erträglich (gemessen an I. Verhältnissen), und auch Tempo und Überholgewohnheiten liegen genau in der Mitte zwischen D und I. Für die beiden GSX-R-Fahrer war die Fahrt kurz vor Bozen zu Ende, aber unsere Guten Stücke dampfen gemächlich, aber tüchtig den nächsten 4 Pässen entgegen.

17:00. Ich hasse Regen. Besonders wenn ich betroffen (Blitz!) bin. (Donner) Wenn ich auch nicht allein betroffen bin, sondern ca. 2 andere Motorradfahrer/min ebenfalls. Die schleichen jetzt hoch aufs Pordoi-Joch, weil sie hoffen, daß dahinter gutes Wetter ist. Pech gehabt, ihr Lieben... der Regen kommt ja von dort...

Spaß beiseite: die Wolken kommen aus'm Süden. Und wir können nix dagegen tun! Scheiße!... Naja... die Mopedfahrerin neben mir hat die Frechheit, zwischen zwei Zügen an ihrer Fluppe zu grinsen und zu sprechen: ''Mir gefällt's! Mir gefällt's! Ich kann nichts dafür, aber ich find Regen nett!''

Oder gehen Gewitter so plötzlich wie sie kommen? Nasses Gras zum Campen... brrrr...

Man kann sie zwar nicht sehen, aber um uns rum stehn die Dolomiten. Das hiesige Gestein bricht anders, annähernd quaderförmig, und seine Lieblingsbruchebene ist vertikal. Entsprechend sehn die Berge aus:

21:55. Um uns rum stehen immer noch die Dolomiten, und man kann sie immer noch nicht sehen. Sehen kann ich ein kleines Doppelbettzimmer, mit hellem Holz getäfelte oder mit weißer Rauhfaser beklebte Wände, einen Fernseher und Alex beim Rätsellösen. Vom Boden sieht man nix, da liegt ein Teil unserer Klamotten zum Trocknen drauf. Dusche und WC sind gegenüber auf dem Gang, und morgen von 8-10 gibt es italienisches Frühstück.

Für mich sind das alles gute Gründe, glücklich zu sein. Ich könnte mir auch den 'Weißen Hai' in der italienischen Synchronfassung angucken, aber lieber liege ich herum, schlafe, schreibe oder gucke Löcher in die Decke.

Alex hat diese Fähigkeit nicht in dem Maße kultiviert wie ich, und so ist ihr langweilig. Angesichts meiner Trägheit und unserer extrem nassen, dreckigen Klamotten hat sie auch keine Lust, noch auszugehen. Kurz: die schlechte Laune ist jetzt bei ihr.

Dabei hatte es auf dem Weg hierher noch netter ausgesehen. Das Tal zwischen Pordoi und Falzarego hat Wände von 60° und ist wunderbar grün - - vermutlich dank jener Wolken, aus denen es regnete. Natürlich fingen sie in dem Tal an zu steigen, und die Sonne blinzelte einmal durch - - natürlich ritt mich dann der Teufel, das Ziel unserer heutigen Etappe wie geplant zu erreichen. Trotz Blitz und Donner.

Im Gewitter auf der Paßhöhe war sie immer noch guter Laune und meinte, sofern nur das Gras trocken wäre, würde sie gerne zelten. Und auf der ganzen Abfahrt regnete es weiter, und mordsmäßig viele Dolomiten konnten wir aufgrund der am Straßenbelag schleifenden Wolken nicht sehen.

Alle Hotels, in denen wir in Cortina d'Ampezzo vorbeifuhren, sahen mordsmäßig teuer aus: nett beleuchtet, frisch gestrichen: die üblichen bayrischen Bettenburgen halt. Im Fenster vom Verkehrsbüro hing eine Liste der Hotels, geordnet nach Preisen, und daher weiß ich, daß dies das 4.-billigste ist, mit ca. DM 110,- + Frühstück erträglich und angesichts unseres Aggregatzustandes ohnehin unumgänglich.

Ja, ich erinnere mich noch an das Restaurant, das im Februar nach einer Kurve irgendwo nach dem Geldbunkern in F auftauchte; und wie wir tropfend hineinstiefelten, uns auszogen, die Sachen vor der Tür auswrangen und insbesondere die Schuhe auskippten. Und ich kann insbesondere heute nicht mehr verstehen, warum mir das damals so wenig ausgemacht hat.




Di, 18.07.1995, 13:40.

Nun ist es also doch passiert: der ewig ungeschmierte Kupplungszug von Aaa.s Suzi ist an der üblichen Stelle, nämlich im Griff, gerissen. Es kostete mich 10 min auf dem Tre Croci, statt dessen eine Lüsterklemme dranzufummeln, während Alex die fällige Karte an Herrn Schaper schrieb. In Toblach an der vierten Tanke gab's dann den Ersatzzug (der leider nicht genau paßt) und den 17er Schlüssel zum Ab- und Anbauen der Fußraste. Und ein Zugende, gottlob. Ich denke, daß das dennoch lange hält, weil die Kupplungskraft nun viel kleiner ist, weil auch der Zug geschmiert ist!

Wir sitzen in Innertkirchen und verballern unsere letzten Lire. Über den Bergen ziehen Wolkenmassen nach N, aber sie berühren die Berge nicht. Jedenfalls die hiesigen; wie es am Großglockner aussieht, werden wir sehen.

Die Dolomiten fangen hier an oder hören hier auf - wie man will. Vor meiner Nase recken sie ihre zinnigen Gipfel, etwas weiter links erwarten uns die sanften Rundungen Öschilands. Wir selbst erwarten Capriolo con polenta und einen Salat Nicoise.

20:40 Der Rutsch über den Großglockner war rasch erledigt, incl. einer Stippvisite bei der Franz-Josephs-Höhe. Anschließend snakten wir die lage versnellering und rauschten zügig nach Inzest (ein bayerischer Lustkurort).

DM 50,- für 2 Mopeds scheint mir immer noch reichlich hoch gegriffen, aber in 5 Jahren aufwärts kann man mit mir wieder darüber reden; die Landschaft ist schon sehr nett. - In Zell am See baun sie immer noch an der Umgehungsstraße; kilometerlange Staus in Ortsmitte. - Irgendwo auf diesem Campingplatz gibt es ein Gewässer, eine Nacktschneckenzucht und ein Ameisenreservat. Dumm, daß das Gewässer keine schillernden Rebellen, sondern bloß eklige kleine Blutsauger hervorbringt.




Mi, 19.07.1995, 13:00.

Ich sitze im Altöttinger McDoof, warte auf Alex (ah, here she comes) und genieße den frischen Wind, der heuer direkt von der Altöttinger Kläranlage herüberweht.

Laut Karte sind wir hier mitten in Bayern. Es interessiert mich nicht, ob das hier eine Ebene oder eine Hochebene ist; jedenfalls ist es hier unerträglich platt. Landstraßen mit vielen LKWs bemühen sich, leicht befahrbar zu sein, auch mit mehr als 100; an Langeweile werden sie jedoch brutal übertroffen von ewiglangen Ortsdurchfahrten mit Staus ohne Ende. Der Himmel ist zu 7/8 bedeckt, die Leute sind häßlich und mies angezogen, und was Warmes zu essen gibt's zwischen 14 und 17 nur an Frittenschmieden und hier. Dabei ist es doch mein Land! Ich versteh das nicht. - Vermutlich Grenzprobleme: in der Schweiz ging's noch, F und I dagegen schockten weidlich, ich mußte mich erst darn gewöhnen und kam nach 24 h gut zurecht. Öschiland war lächerlich, mit den schnellsten Kellnern und dem langsamsten Service; und hier sortieren sie den Müll. Weia. - In 24 h werde ich mich auch daran gewöhnt haben, und dann sind wir auch schon fast zu Hause. Wo ich mich waschen, nähen und am Mo wieder schnieke zur Arbeit fahren werde.Was bleibt, sind Erinnerungen und ein paar Dias...

21:00 Das Ende naht, aber das war's noch nicht! Jedenfalls die Bremsbeläge meiner Suzi waren am Ende, ganz zu schweigen von der gebrochenen Drehzahlmesserwelle und dem abgefahrenen Vorderreifen.

In Salzweg sind wir nämlich dahin gefahren, wo Alex vor 18..10 Jahren ihren Sommerurlaub verbrachte. Das Haus steht noch, wird aber demnächst abgerissen; die Schaukel steht auch noch, aber zum Verkauf. Alex mußte erstmal ne Runde heulen, und als sie damit fertig war, sprangen auf dem Weg zum Stauseecafé die Reste des kolbenseitigen Bremsbelages raus. Nähere Überprüfung ergab, daß sie bis auf den Stahl runtergefahren waren und der Erneuerung bedurften. Der Suzukihändler war um die Ecke, und der Meister paßte die Fremdfabrikate an, bis sie paßten.

Anschließend dachten wir an eine coole Runde über die B 85 durch'n Bayer.Wald, aber auch daraus wurde nichts, denn eine von den vier Frauen traf mit ihrem Audi den anderen Audi 50% versetzt (der klassische Frontalaufprall). Drei Schnitten saßen mit drei Schocks auf der Wiese, die vierte hing zerkratzt, aber ansprechbar im Gurt, während die verditschte linke Seite ihres Audi steil nach oben wies und die entsprechende Tür nicht aufging. Nachdem 10 Feuerwehren aus der Umgegend nach und nach eingetrudelt waren und die 2-Takt-Flex angeworfen war, hörten wir mit Verkehrsregeln auf und rollerten weiter zu diesem wunderbar leeren C-Platz mit gratis heißem Wasser. Heute gibt es Spaghetti und Soße à là Bayer. Sommer (Zucchinischeibchen, Salamistückchen, carne italiano [Hackfleisch], Champignons, Erbsen, Sahne & Yoghurt). Und morgen noch'n Stück Wald, dann'n Stück Zone, und dann schaun wer mal.




20.07.1995, 13:15.

Der Westen hat uns wieder - vorerst. Die Sonne sticht gnadenlos auf die baumbestandene hügelige Landschaft - soll sie ruhig, wir haben sie im Rücken und fressen auf den bayer. Bundesstraßen Kilometer ohne Ende. Der GS500Efahrende Bayer meinte zwar, die B 15 durchs Fichtelgebirge sei so kurvenreich auch nicht, nur nett, aber das schaun wir lieber selbst nach.

Wir sitzen das 2. Mal auf der Tour inner Gelateria und laben uns das 1. Mal überhaupt an Eis. In meiner Tasche raschelt frisches deutsches Geld aus dem Sparkassenautomaten in Neustadt a.d. Waldnaab, und auch sonst ist eigentlich alles in Ordnung. Bis auf die melancholische Stimmung, die sich zwangsläufig breitmacht, wenn klar ist, daß H uns morgen wiederhat und was an Schraubereien unser harrt.




21.07.1995, 14:00.

Tagsüber fahren sie auf ihren Mokicks durch die Gegend, benehmen sich nach Kräften daneben und sind halbstark und überflüssig. Abends besaufen sie sich, ziehen in Rotten über C-Plätze und grölen laut und falsch zusammenhangloses Aufgeschnapptes, welches meine Feder sich sträubt wiederzugeben. - Alkoholabusus war schon in den Zeiten der DDR weitverbreitetes und geduldetes Mittel, die abendliche Langeweile nach 18:00 Uhr, wenn die Bürgersteige, wie in Saalfelden ausgeschildert, hochgeklappt werden, zu ertragen. Fraglich bleibt, ob ein NichtZurechtKommen mit zwei recht verschiedenen politischen Systemen mehr über die Systeme oder Endgültiges über die Fähigkeiten der Betroffenen aussagt.

Im übrigen kann ich Alex Ausdruck 'Rechtsradikale' nicht übernehmen, da dies impliziert 1. die Fähigkeit, rechts von links zu unterscheiden (was nicht gegeben erscheint) und 2. die Wahl der Mittel andeutet; ich weiß aber kein Ziel, welches das Ablegen der persönlichen Würde legitimierte.

Wir kamen leider nicht umhin, vor der Abfahrt auch die sanitären Anlagen des Platzes zu benutzen, obwohl wir anläßlich der abendlichen Besichtigung den Beschluß gefaßt hatten, das zu vermeiden, wenn das irgend möglich wäre. Es war grauenhaft. Allen ''Deutsh is best!''-Vereinen empfehlen wir heute einen Aufenthalt dort, um ihr Weltbild um die entsprechenden Abgründe zu bereichern und ggf. zu konvertieren.

Wir sitzen gerade in der nettesten Eisdiele der Ex-Zone in Sundhausen bei Nordhausen, mit jeder ca. 1/2 Pfund Eis im Bauch, und meine Kritik am C-Platz Hohenfelden fiel deshalb vielleicht sanfter aus als angebracht. Doch so viel leckeres Eis für so wenig Mäuse macht nun einmal träge.

Zum Abschluß ein böser Witz mit dem bitteren Beigeschmack der Wahrheit: Was ist der Unterschied zwischen einem Sachsen und einem Türken? - 1. der Türke kann deutsch, und 2. der Türke hat Arbeit.

Ab Erfurt haben wir die B 4 gewählt. Irgendwann hörte ich auf, die Kreuze, alle mit frischen Blumen, und die Bierdosen am Straßenrand zu zählen, die Relation ist ca. 1:8.

Es ist drückend heiß, zum Glück aber nicht schwül; hier, hinterm Harz, herrscht heute offensichtlich kontinentales Klima.

Gestern besichtigten wir noch das Schloß in Rudolstadt, wo Alex mal auf nem Folkfestival war, um anschließend über ungeteerte Straßen dem o.a. C-Platz zuzueilen. Vom spröden DDR-Charme ist fast nichts mehr übriggeblieben (bis auf die o.a. Bräuche), d.h. man liebt sie wie sie ist oder man läßt es. Wir lassen es.

20:49 Nach einem kleinen Zerwürfnis sitze ich wieder in meinem Zimmer. Angekommen sind wir 18:10 nach 3944.3 km.

Nach Torfhaus sind wir locker durchgerutscht, dann hab ich mich wie üblich verfahren. (Altenau-CZ-BadGrund-Seesen statt Altenau-Okerstausee-Bockswiese-Lautenthal-Seesen.) Das schad't aber nichts, denn die Domäne in Hildesheim-Marienburg, wo Alex demnäxt an der Unität Kgk stupidieren wird, haben wir dennoch ohne Probleme gefunden. Und H auch.

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Mit'm Moped nochma ans Mittelmeer

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