Wenige Monate vor Ende der
Übergangsfrist wurde, von Verlagen in Deutschland ausgehend,
die Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Rechtschreibreform
neu entfacht und eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung
gefordert.
Im Interesse unserer Kinder, die seit Jahren
nach den neuen Regeln unterrichtet werden, ist eine Rückkehr
zur alten Rechtschreibung jedoch nicht vertretbar.
Auch wenn die neuen Regeln nicht in allen
Punkten schlüssig sind, so sollten nicht die zahlreichen
"Schwachstellen" der alten Regelung ignoriert und die sogenannten
alten Rechtschreibregeln "glorifiziert" werden. Eine
Wiedereinführung der alten Regeln würde keine
Verbesserung darstellen, zumal auch diese Regeln in vielen Punkten
nicht "logisch" waren und nur von den Wenigsten vollständig
beherrscht wurden.
"Die Einführung der neuen
Rechtschreibregelung ist an den österreichischen Schulen
reibungslos erfolgt. Für Kinder und Jugendlichen ist es heute
wesentlich leichter fehlerfrei zu schreiben, weil sie die neuen
Regeln verständlicher finden. Dies bestätigen nicht nur
Schülerinnen und Schülern, sondern auch deren Eltern und
Lehrerinnen und Lehrer. Studien bestätigen, dass es in 93
Prozent der Volksschulen keine oder kaum Probleme bei der
Umstellung gab. Die Reaktionen aus den Schulen waren und sind
durchwegs positiv. Diese Erfahrungen und die Tatsache, dass es
sich hier um einen Vertrag unter mehreren Partnern handelt, der
eingehalten werden muss, lassen ein Zurück nicht
zu.
Wenn man an eine Rücknahme der
Rechtschreibreform denkt, sollte man sich schon fragen, wie
sinnvoll eine solche Entscheidung wäre. Ein Hin und
Her stiftet große Verwirrung, vor allem bei jenen, die
sich noch während ihrer Zeit in der Schule umgestellt haben.
Am Ende weiß niemand mehr, wie man was schreiben soll.
Eine Verbesserung würde dies auf keinen
Fall bedeuten. Besonders im Schulbereich wäre eine
Rücknahme der Reform mit großen Schwierigkeiten
verbunden, weil alle Schulbücher wieder umgeschrieben werden
und alle Jugendlichen, die sich bereits an die neue
Schreibweise gewöhnt haben, umlernen müssten.
Außerhalb der Schulen und der Vorgaben zur behördlichen
Schreibweise, das gehört auch einmal gesagt, ist es
jedem unbenommen, wie er oder sie persönlich schreibt.
Dafür gibt es weder ein Gesetz noch sonstige Regelungen. Das
ist eine ganz persönliche Entscheidung."
(Statement
von Frau BM Gehrer zur Rechtschreibreform im Interview
für die Zeitschrift "SCHULE"*)
Über dieser Diskussion sollte nicht
vergessen werden, dass "gutes Deutsch" nicht allein und auch nicht
hauptsächlich durch richtige Schreibung gekennzeichnet ist.
Richtige (einheitliche) Schreibung erleichtert das Lesen. Aber
wichtiger als die Schreibung sind zweifellos die
Inhalte.
Auch die Leistungsbeurteilungsverordnung
(§ 16 Abs.1) weist in diese Richtung: So ist zB
"Schreibrichtigkeit" (Z1 lit.d) der letzte von vier Aspekten, die
für die Beurteilung von Schularbeiten in der
Unterrichtssprache maßgebend sind. "Inhalt",
"Ausdruck" und "Sprachrichtigkeit" werden unter Z1
lit.a)-c) angeführt. Auch in den anderen Gegenständen
werden Sinnerfassung, gedankliche und sachliche
Richtigkeit, etc. als wesentliche Aspekte
hervorgehoben.
Geben wir der Beherrschung der richtigen
Schreibung einen angemessenen Stellenwert und unterscheiden wir
sorgfältig, was wichtig ist und was nicht. Aus mangelhafter
Rechtschreibung auf generell mangelhafte Bildung oder
Untüchtigkeit zu schließen, ist sowohl sachlich als
auch menschlich gesehen falsch.
Ilse Schmid
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