Betreff:
Information der
Erziehungsberechtigten und
der
Lehrberechtigten gemäß § 19
SchUG;
Interpretation
der geltenden Rechtslage
Wenn die Leistungen einer Schülerin
oder eines Schülers auf Grund der bisher erbrachten
Leistungen in einem Pflichtgegenstand zum Ende des 1.
oder des 2. Semesters mit "Nicht genügend" zu
beurteilen wären, ist dies gemäß § 19
Abs. 3a SchUG den Erziehungsberechtigten
unverzüglich mitzuteilen und der Schülerin
bzw. dem Schüler sowie den Erziehungsberechtigten von
der Klassenvorständin/dem Klassenvorstand oder von der
unterrichtenden Lehrerin/dem unterrichtenden Lehrer
Gelegenheit zu einem beratenden Gespräch zu
geben (Frühwarnsystem). Bei diesem Gespräch sind
insbesondere Fördermaßnahmen zur
Vermeidung dieser negativen Beurteilung (z.B. Analyse der
Lerndefizite unter Einbeziehung der individuellen Lern- und
Leistungsstärken, Fördermöglichkeiten,
Förderunterrichtsangebote, Leistungsnachweise) zu
erarbeiten und zu beraten.
Zweck der Verständigung ist es,
durch entsprechendes Zusammenwirken zwischen
Lehrerinnen/Lehrern, Erziehungsberechtigten und
Schülerinnen/Schülern, einer bevorstehenden
negativen Beurteilung eines Pflichtgegenstandes
möglichst frühzeitig entgegenzuwirken. Die
vorgesehenen Maßnahmen sind somit sowohl im ersten
als auch im zweiten Semester immer dann umgehend
einzuleiten, sobald ersichtlich ist, dass die Leistungen
auf Grund der bisher erbrachten Leistungen in einem
Pflichtgegenstand im ersten oder zweiten Semester insgesamt
mit "Nicht genügend" zu beurteilen wären. Die
Wendung "zum Ende" des 1. oder des 2. Semesters
bedeutet nicht, dass mit der Mitteilung bis zum Ende des
Semesters zugewartet werden dürfte (sonst wäre es
keine "Frühwarnung" und Fördermaßnahmen
kämen bereits zu spät); gemeint ist vielmehr, dass
im jeweiligen Zeitpunkt der Gesamtleistungsstand, wie
er "zum Ende" eines Beurteilungsabschnittes zu ermitteln
wäre, auf "Nicht genügend" lautet.
Die Verständigung bezieht sich auf
den Leistungsstand im Zeitpunkt der Information,
nicht aber auf eine "voraussichtliche Semester- oder
Jahresnote". Sogenannte "prophylaktische Mahnungen" sind zu
vermeiden.
Ein Endtermin für eine
spätestmögliche Verständigung ist im Gesetz
nicht vorgesehen. Es wäre jedoch mit dem Zweck
der Regelung unvereinbar, die Verständigung zu einem
Zeitpunkt vorzunehmen, in dem eine Leistungsverbesserung
nicht mehr möglich ist.
Wenn der Leistungsstand das ganze
Semester hindurch (bis knapp einige Wochen vor Ende des 1.
Semesters bzw. vor der Klassenkonferenz gem. § 20 Abs.
6 SchUG) laufend positiv war und demnach kein Grund für
eine Mitteilung gemäß § 19 Abs. 3a SchUG
bestand, können einzelne nachfolgende negative
Leistungen nicht mehr so stark ins Gewicht fallen, dass die
Semester- oder Jahresnote "Nicht genügend"
gerechtfertigt wäre (§ 20 Abs. 1
SchUG).
In welcher Form die Mitteilung an die
Erziehungsberechtigen zu ergehen hat, ist im Gesetz nicht
geregelt. Grundsätzlich wäre daher auch eine
formlose mündliche oder telefonische Mitteilung
zulässig, sofern die Schule nicht generell für
alle Fälle eine schriftliche Mitteilung (Formblatt)
vorsieht. Wenn die Erziehungsberechtigten jedoch auf eine
formlose Mitteilung nicht alsbald reagieren, um einen
Gesprächstermin zu vereinbaren, sollte jedenfalls eine
Wiederholung in schriftlicher Form erfolgen.
Das beratende Gespräch soll den
Erziehungsberechtigten einen umfassenden Einblick in die
Lern- und Leistungssituation der Schülerin bzw. des
Schülers ermöglichen und die zur Verfügung
stehenden Möglichkeiten und Methoden der Förderung
der Schülerin bzw. des Schülers ersichtlich
machen. Für die Lehrerin/den Lehrer bietet ein
derartiges Gespräch die Möglichkeit, einen
Einblick in die psychische Situation der Schülerin bzw.
des Schülers zu gewinnen, sodass pädagogische,
unter Umständen auch schulpsychologische
Maßnahmen gezielt zur Anwendung gebracht werden
können.
Besondere Aufmerksamkeit und Sorge sollte
jenen Schülerinnen und Schülern gewidmet werden,
deren Erziehungsberechtigte das Gesprächsangebot nicht
aufgreifen.
Der Landesschulrat für Steiermark
ersucht, in den beratenden Gesprächen auch auf die
folgenden Situationen und Probleme einzugehen, sofern sie im
Einzelfall vorliegen, und entsprechende
Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen:
- Allfällige Notwendigkeiten von
Aufnahmsprüfungen bei beabsichtigtem Übertritt
in eine mittlere oder höhere Schule nach der 8.
Schulstufe: Hinweis auf allfällige
Reihungskriterien, die bei der aufnehmenden Schule in
Erfahrung zu bringen sind;
- Beendigung des Schulbesuches und
fehlende Wiederholungsmöglichkeit, wenn eine
Schülerin/ein Schüler die erste Stufe einer
berufsbildenden mittleren oder höheren Schule oder
einer höheren Anstalt der Lehrerbildung und der
Erzieherbildung mit vier oder mehr "Nicht genügend"
in Pflichtgegenständen abschließt (siehe hiezu
auch den Erlass vom 17. Juni 2002, GZ.: I Schu 1/50
&emdash; 2002).
Eine besondere Dokumentation der
Mitteilung bzw. Einladung und der Durchführung der
beratenden Gespräche ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Dennoch wird empfohlen, entsprechende zumindest
schlagwortartige Aufzeichnungen in geeigneter Form zu
führen, um bei späteren Rückfragen,
insbesondere in Beschwerde- und Berufungsfällen,
Auskunft über Zeitpunkt und Inhalt der beratenden
Gespräche geben zu können.
Sonderbestimmungen für
Berufsschulen:
§ 19 Abs. 3a gilt für
Berufsschulen mit der Maßgabe, dass die
Verständigung auch an den Lehrberechtigten zu ergehen
hat und an lehrgangsmäßigen Berufsschulen an die
Stelle des 1. bzw. des 2. Semesters die 1. bzw. die 2.
Hälfte des Lehrganges tritt; diese
Verständigungspflicht besteht nicht an
lehrgangsmäßigen Berufsschulen mit einer
geringeren Dauer als acht Wochen.
§ 19 Abs. 3 SchUG, wonach mit
den Erziehungsberechtigten Verbindung aufzunehmen ist, wenn
die Leistungen einer Schülerin oder eines Schülers
allgemein oder in einzelnen Unterrichtsgegenständen
in besonderer Weise nachlassen, gilt unabhängig
von § 19 Abs. 3a SchUG, bei einem Leistungsabfall
innerhalb des positiven Bereiches (z.B. Verschlechterung um
zwei Stufen, etwa von "Gut" auf "Genügend").
Bereits im ersten Semester möge bei
Schülerinnen und Schülern, die das neunte Jahr
ihrer allgemeinen Schulpflicht an einer mittleren oder
höheren Schule absolvieren, erforderlichenfalls in
geeigneter Weise rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht
werden, dass ein Übertritt in die Polytechnische Schule
nur bis zum 31. Dezember zulässig ist.(§ 29 Abs. 8
SchUG).
Hervorzuheben ist, dass die in § 19
Abs. 3, 3a und 4 SchUG vorgesehenen Verständigungen
eine Verpflichtung der betreffenden Lehrerinnen und
Lehrer darstellen. Es ist daher nicht deren Belieben
überlassen, ob sie diese Verständigung
vornehmen.
Andererseits besagt allerdings § 19
Abs. 7 SchUG, dass diese Verständigungen
ausschließlich Informationscharakter haben.
Dies bedeutet, dass ein Unterlassen der vorgeschriebenen
Verständigungen einer Semester- oder Jahresbeurteilung
mit "Nicht genügend" in den betreffenden
Gegenständen nicht entgegensteht. Eine Nichtbeachtung
der Vorschriften der Absätze 3 und 3a durch die
Lehrerin bzw. durch den Lehrer stellt jedoch eine
Pflichtverletzung dar.
Verständigungspflicht im
Zusammenhang mit der Verhaltenssituation:
Wenn das Verhalten einer Schülerin
oder eines Schülers auffällig ist, wenn die
Schülerin oder der Schüler ihre/seine Pflichten
gemäß § 43 Abs. 1 SchUG in schwer wiegender
Weise nicht erfüllt, oder wenn es die
Erziehungssituation sonst erfordert, ist dies
gemäß § 19 Abs. 4 SchUG ebenfalls den
Erziehungsberechtigten unverzüglich mitzuteilen und der
Schülerin bzw. dem Schüler sowie den
Erziehungsberechtigten von der Klassenvorständin/dem
Klassenvorstand oder von der unterrichtenden Lehrerin/dem
unterrichtenden Lehrer im Sinn des § 48 SchUG
Gelegenheit zu einem beratenden Gespräch zu geben
(Frühinformationssystem). Bei diesem sind insbesondere
Fördermaßnahmen zur Verbesserung der
Verhaltenssituation (z.B. individuelles Förderkonzept,
Ursachenklärung und Hilfestellung durch die
Schulpsychologie-Bildungsberatung und den
schulärztlichen Dienst) zu erarbeiten und zu beraten.
Diese Mitteilung hat immer unverzüglich zu erfolgen,
sobald die Voraussetzungen gegeben sind. Dies gilt
für Berufsschulen mit der Maßgabe, dass
die Verständigung auch an den Lehrberechtigten zu
ergehen hat; diese Verständigungspflicht besteht nicht
an lehrgangsmäßigen Berufsschulen mit einer
geringeren Dauer als acht Wochen.
Ist ein Fernbleiben einer
Schülerin oder eines Schülers vom Unterricht in
besonderer Weise gegeben, ist gemäß § 19
Abs. 9 SchUG mit den Erziehungsberechtigten Verbindung
aufzunehmen.
Dieser Erlass tritt an die Stelle des
Erlasses vom 3. Feber 2004, GZ.: I Schu 1/29 -
2004.
Die SchUG-Novelle BGBl. I Nr. 172/2004
ist zur Information angeschlossen.
Für den Amtsführenden
Präsidenten:
Dr. Perko
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